Er ist ein Wanderer zwischen den Welten. Zwischen Ostfriesland und Lateinamerika, zwischen Kirche und Rotlichtviertel. Thomas Kärst, 43, liebt die Extreme. "Ich lasse mich gerne auf Neues ein", sagt der Chefredakteur der Publikationen des ökumenischen Vereins Andere Zeiten. Gerade hat er sieben Wochen auf Alkohol verzichtet: "Es war eine Fastenzeit zwischen Euphorie und Frust, aber ich habe durchgehalten."

Die Herausforderung reizt ihn. Vielleicht liegt es daran, dass er als Kind fünfmal umgezogen ist, sich immer wieder auf Neues einstellen musste. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass er von Ostfriesland zum Theologiestudium erst nach Hamburg und dann nach Buenos Aires gegangen ist. Dort hat er morgens in der Uni gelernt, nachmittags im Armenviertel Nachhilfe gegeben. Der Sprung zwischen den Welten, den Extremen, hatte begonnen - und ging auch zurück in Hamburg weiter. Tagsüber studierte er die Bibel, nachts verteilte er auf der Reeperbahn Tee und Kondome an Prostituierte.

"Theologie bedeutet für mich, nah am Menschen zu sein", sagt Kärst. Diese Einstellung führte ihn nach dem Vikariat und einem Volontariat über Umwege zu Andere Zeiten. Was ihn an der Arbeit reizt? Natürlich das Extreme. Dass er Glaubende und Zweifelnde gleichermaßen anspricht. Wenn der zweifache Vater einen Wunsch freihätte, würde er ins 19. Jahrhundert reisen. Er wäre eben gerne auch ein Wanderer zwischen den Zeiten.