Serientäter endlich gefasst. Martin N., 40, lebte unauffällig in Wilstorf. Seine Verbrechen entsetzten Deutschland

Hamburg/Verden. Bei den wenigen, die ihn kannten, galt er als nett, höflich, hilfsbereit. Zehn Jahre lang lebte der Pädagoge Martin N. zurückgezogen und unauffällig in einem gelbgrauen Wohnhaus an der Jägerstraße in Hamburg-Wilstorf. Seit gestern wissen die Nachbarn des 40-Jährigen, dass sie Tür an Tür mit einem mutmaßlichen Serienmörder gelebt haben. Der Pädagoge gestand, im Jahr 2001 den neun Jahre alten Dennis K. aus einem Schullandheim entführt und ermordet zu haben. Außerdem gab er die Morde an Dennis R., 8, und Stefan J., 13, zu und räumte ein, seit 1992 mehr als 40 Kinder sexuell missbraucht zu haben.

Mit der Festnahme von Martin N. ist einer der spektakulärsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte aufgeklärt. Zehn Jahre lang hatten die Beamten der Soko "Dennis" mit einer Phantomzeichnung nach dem "schwarzen Mann" gefahndet, der mit einer Motorradsturmhaube maskiert seine Opfer aus Schlafsälen und Zeltlagern entführt hatte. Mehr als 8000 Hinweise gingen ein, rund 1000 Sexualstraftäter wurden überprüft - darunter im Jahr 2007 auch Martin N. Es war eine Routineüberprüfung. Grund: Der Pädagoge, der früher in der Jugendbetreuung arbeitete, zuletzt aber mit Erwachsenen, stand 2005 in Hamburg wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs zweier Jungen vor Gericht. Laut Anklage hatte er ihnen in seiner Wohnung den nackten Bauch gestreichelt, um sich sexuell zu erregen. Das Verfahren wurde gegen eine Zahlung von 1800 Euro eingestellt. Auch die Soko "Dennis" ließ ihn mangels Beweises wieder laufen.

Dass es jetzt doch noch einen Durchbruch gab, ist einem jungen Mann aus Bremen zu verdanken. Dieser war 1995 im Alter von zehn Jahren in seinem Elternhaus überwältigt und missbraucht worden. Nach einem neuen Fahndungsaufruf der Soko Dennis im Februar erinnerte er sich, dass er damals vor der Tat bei einem Aufenthalt in einem Schullandheim von einem Betreuer auffällig intensiv nach seiner Adresse befragt worden war. Nach dieser Aussage überprüften die Fahnder die Mitarbeiterlisten des Heimes. Dabei stießen sie auf den Namen Martin N.

Am frühen Mittwochmorgen nahmen Kripo-Beamte ihn vor seiner Wohnung in Wilstorf fest. "Er war überrascht", sagte Soko-Chef Martin Erftenbeck. Die Fahnder rechnen Martin N. noch Morde an zwei weiteren Jungen in Frankreich und den Niederlanden zu. Diese hat er bislang nicht gestanden.