Jürgen Pietsch, 61, ist Professor für Stadtentwicklung an der Hamburger HafenCity- Universität (HCU)

Hamburger Abendblatt:

1. Wie belebt erscheint Ihnen die HafenCity aktuell?

Jürgen Pietsch:

Die Hamburger HafenCity ist ungewöhnlich gut belebt, insbesondere wenn man bedenkt, dass es sich um ein junges, unfertiges Quartier handelt. Vor allem Touristen und Besucher aus dem Umland zieht der Stadtteil an, ein Effekt, der nicht erwartet werden konnte.

2. Aber das Quartier wirkt reichlich karg und ziemlich grünlos. Sind da nicht doch Fehler gemacht worden?

Pietsch:

Auch im europäischen Maßstab ist die HafenCity ein außergewöhnlich gut gemanagtes Stadtentwicklungsgebiet. Richtige Fehler sind keine gemacht worden. Was viele vergessen: Der zentrale Lohsepark ist in Arbeit und wird für hinreichend viel Grün sorgen.

3. Was braucht es, um einem neuen Stadtteil Leben einzuhauchen, und wie viel tragen die Grünflächen zur Attraktivität bei?

Pietsch:

Stadtteile, insbesondere neue, sind im Allgemeinen nicht sehr belebt, sieht man von Szenevierteln ab. Die aktuelle Hamburger Diskussion um Miet- und Immobilienpreise in den angesagten Quartieren zeigt zudem, dass Attraktivität nicht nur Vorteile hat. Allerdings will die HafenCity mehr als ein Stadtteil, eben eine City(erweiterung), sein. Da gilt es, nachhaltig für Besucherströme zu sorgen. Ein paar Bewohner, Beschäftigte und Grünflächen können das allein nicht leisten - siehe City Nord. Die ist sehr grün und dennoch sehr tot.

4. Wie kann man das stadtplanerisch beeinflussen?

Pietsch:

Weniger architektonisch als durch ein gutes City-Management. In der HafenCity sollte etwa das auf Eis gelegte Science Center gebaut werden - allerdings mit einem besseren inhaltlichen Konzept, das die Hamburger Forschungslandschaft spiegelt. Dagegen würde der HafenCity-Unineubau (auf dem teuersten Baugrundstück Hamburgs) nicht zur Belebung beitragen. Es gibt also diverse Stellschrauben, die zur Verfügung stehen. Beispielsweise die Diskussion um kulturelle Nutzungen im Oberhafenquartier.

5. Muss man überhaupt von außen einwirken, wo sind die Grenzen?

Pietsch:

Es entwickelt sich nicht allein und nicht nur von außen: Mit der HafenCity GmbH treibt eine Entwicklungsgesellschaft von innen mit hohem Sachverstand die Entwicklung voran. In einem gewachsenen Quartier wirkt Eigendynamik oft besser als jedes Management. Grenzen sind durch die konjunkturelle Entwicklung im Überseequartier sichtbar geworden: Manche Erwartungen vor der Finanzkrise haben sich nicht erfüllt, sind aber in Verträgen fixiert und jetzt gebaute Realität - aber schwer zu vermarkten.