Ein Kommentar von Jan-Eric Lindner

Vermutlich ist es etwas zu hoch gegriffen, wenn man von einem "Angriff auf die freie Advokatur" spricht, von einem "Warnschuss für einen unliebsamen Rechtsanwalt". Merkwürdig erscheint der Strafbefehl, den Staatsanwaltschaft und Gericht dem linken Verteidiger Andreas Beuth zukommen ließen, allemal.

An zwei Verhandlungstagen war Beuth mit einem Plastikgriff in einen Gerichtssaal gekommen. Dort vertrat er einen Schanzen-Krawallmacher. Diesen Griff - er gehörte zu einem waffenscheinpflichtigen Abschussgerät für Leuchtmunition - zeigte er Beamten, um zu erfragen, ob sie ein solches Teil auch bei seinem Mandanten gesehen hätten. Daraus den Vorwurf des illegalen Waffenbesitzes zu konstruieren mag juristisch möglich sein. Augenmaß lässt ein solches Vorgehen allerdings vermissen.

Nicht umsonst wird Rechtsanwälten ein großer Spielraum zur Ausgestaltung ihrer Verteidigung zugebilligt. Sie müssen sicher sein können, dass das Vertreten von Mandanten ihnen am Ende nicht selbst zum Nachteil gereichen wird. Sie dürfen zum Beispiel nicht als Befürworter von Pädophilie gebrandmarkt werden, wenn sie Kinderschänder verteidigen.

Im Falle des Anwaltes Beuth handelt es sich gewiss um einen Mann, der keinen Konflikt scheut, wenn es um vermeintliche Ein- und Übergriffe des Staates gegen Linke geht. Beuth stritt gegen die Sicherung von Geruchsproben eines Gegners des G8-Gipfeltreffens, kämpft für Demonstrationsrechte - dabei immer stark engagiert. Dass er den Plastikgriff eines Schussgeräts im Gericht nicht als Waffe benutzen wollte, wissen auch die Staatsanwaltschaft und das Gericht, das den Strafbefehl zuließ.

Es bleibt die Frage, ob die Beteiligten bei Anwälten anderer Couleur genauso gehandelt hätten. Dies darf bezweifelt werden.