1. Hamburger Abendblatt:

Der Schiedsrichter hat das Spiel zwischen dem FC St. Pauli und dem FC Schalke 04 abgebrochen, weil ein Zuschauer einen Schiedsrichterassistenten mit einem vollen Bierbecher beworfen hat. War dieser Abbruch wirklich notwendig?

Christoph Schickhardt:

Die Entscheidung ist absolut nachvollziehbar. Wer im Stadion einen Gegenstand wirft, um jemanden zu verletzen, handelt heimtückisch und mit hoher krimineller Energie. Das Verletzungsrisiko ist enorm hoch, gerade weil die Gefahr von hinten kommt, der Schiedsrichterassistent sich aber gar nicht umdrehen darf. Er hat also keine Chance, sich mit einer Abwehrhaltung zu schützen. Diese Angst ist niemandem zuzumuten.

2. Mit welcher Strafe muss der FC St. Pauli rechnen?

Schickhardt:

Es handelt sich hier nicht um ein Kavaliersdelikt. Sportveranstaltungen können nur stattfinden, wenn die Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet ist. Das Strafmaß des DFB-Sportgerichts kann hohe Geldstrafen, Geisterspiele oder Punkabzüge umfassen. Wenn es für den St. Pauli richtig gut läuft, wird das Sportgericht eine hohe Geldstrafe und eine Teilsperrung im Stadion verhängen. Betroffen wäre dann die Tribüne, wo das Delikt passiert ist. Gewertet wird das Spiel mit 2:0 für Schalke.

3. Wie sähe ein Geisterspiel in der Praxis aus?

Schickhardt:

Zuschauen können dann nur Funktionäre und Journalisten. Die Sperre gilt grundsätzlich für das nächste Heimspiel.

4. Kann der Verein Schadenersatz vom Täter verlangen?

Schickhardt:

Ja, in voller Höhe. Durch den Kauf der Karte entsteht ein Vertrag zwischen Käufer und Verein. Wenn ein Käufer diesen Vertrag durch inakzeptables Verhalten verletzt, muss er den Schaden ausgleichen. Diese Haftung haben mehrere Gerichte bestätigt.

5. Sind die Vereine nicht machtlos gegenüber solchen Tätern?

Schickhardt:

Im Prinzip ja. Auch Fangnetze bringen kaum etwas, da auch durch die Maschen Gegenstände geworfen werden können. Auch verstärkte Einlasskontrollen nützen wenig. Der Golfball, mit dem etwa Bayern-Torwart Oliver Kahn in Freiburg getroffen wurde, war ein Schlüsselbundanhänger. Zudem werden Gegenstände von allen Tribünen geworfen, keineswegs nur aus dem Fanblock. Ich erwarte aber, dass ein solches Verhalten viel stärker geächtet wird. In der Bundesliga kümmert man sich zu sehr um die sogenannten Problem-Fans. Da werden teure Projekte aufgelegt. Dabei haben diese Leute schlicht in einem Stadion nichts mehr verloren. Zu schützen ist der Familienvater, der sich mit seinem zehnjährigen Sohn unbeschadet ein schönes Spiel anschauen will.