Speditionen kämpfen wegen der Krise in Japan mit Umsatzeinbußen. Behörden diskutieren Grenzwerte für Schiffe und Ladung im Hafen.

Hamburg. Die Japan-Krise hat dem Hamburger Spediteur Willem van der Schalk einige schlaflose Nächte bereitet. Nach dem verheerenden Erdbeben und der anschließenden Atomkatastrophe musste sich der Chef der Übersee-Spedition A. Hartrodt zunächst darum kümmern, dass seine rund 30 Beschäftigten im Tokioter Büro nach Osaka umziehen konnten. Jetzt sind es vor allem die wirtschaftlichen Folgen des Unglücks, die den Geschäftsführer umtreiben.

"Aus dem Norden Japans werden fast überhaupt keine Waren mehr nach Deutschland geliefert", sagte van der Schalk. Die Produktion von Zulieferteilen für die Autoindustrie und von Computerchips sei in diesem Landesteil fast zum Erliegen gekommen. "Daher importieren wir derzeit rund 25 Prozent weniger Produkte aus Japan als normalerweise", sagte der Geschäftsführer. Und auch der Export von deutschen Maschinen in das ostasiatische Land habe um etwa zehn Prozent nachgelassen.

So wie die Hamburger Spedition haben derzeit viele Unternehmen in der Hansestadt mit den ökonomischen Auswirkungen der Japan-Krise zu kämpfen. Auch der Versandhandelskonzern Otto stellt sich auf Umsatzeinbußen in Fernost ein, wie Unternehmenssprecher Thomas Voigt sagte. Angesichts von Gesamterlösen in Höhe von 200 Millionen Euro in Japan würden sich die Folgen auf Konzernebene aber in Grenzen halten. "Unsere Sorge gilt vor allem unseren 600 Beschäftigten in dem Land", so Voigt.

Laut einer Umfrage der Hamburger Handelskammer spüren insgesamt 22 Prozent der Firmen in der Hansestadt schon Auswirkungen der Japan-Krise auf ihre geschäftliche Tätigkeit. Fast die Hälfte der Betriebe erwartet dies in den kommenden Monaten.

Unterdessen laufen in allen deutschen Häfen Vorbereitungen dafür, wie künftig Schiffe und Ladung aus Japan abgefertigt werden sollen. Für Anfang bis Mitte April werden in Hamburg die ersten Frachter erwartet, die nach der Naturkatastrophe am 11. März in Japan abgelegt haben. "Wir wissen stets 24 Stunden bevor ein Schiff einen Hafen außerhalb der EU mit Kurs Hamburg verlässt Bescheid und erfahren, welche Ladung an Bord ist", sagte Michael Rietz, der Sprecher der Bundesfinanzdirektion Nord, dem Abendblatt.

Vertreter des Zolls, der zur Direktion zählt, treffen sich in Hamburg derzeit wöchentlich zu Gesprächen unter Leitung der Hamburger Innenbehörde. Dabei sind auch weitere Behörden, die Hamburg Port Authority (HPA), der Flughafen und der TÜV Nord. "Wir arbeiten an einem Gesamtkonzept. Dazu gehört auch, dass Grenzwerte für die Strahlung an Containern und Schiffen festgelegt werden", sagte ein Sprecher der Innenbehörde dem Abendblatt.

Solche Grenzwerte liegen derzeit aber noch nicht vor. "Wir führen Gespräche, ob ähnlich wie bei den Flugzeugen Werte festgelegt werden sollen. Es gibt aber noch keine Entscheidung", sagte Thomas Hagbeck, Sprecher des Bundesumweltministeriums. Notwendige zusätzliche Kontrollen müssten die jeweiligen Hafenbehörden organisieren.

Klar ist: Nur in Ausnahmefällen fahren Frachter direkt von Japan aus nach Hamburg. "Von den rund 11 000 Frachtern, die jährlich im Hafen festmachen, kommen nur etwa 300 aus Japan. Bei den Containern sind es nur 198 000 von 7,9 Millionen, die 2010 umgeschlagen wurden", sagte Karin Lengenfelder, Sprecherin der Hamburg Port Authority (HPA). Entscheide sich etwa Rotterdam dafür, ein Schiff nicht abzufertigen, könne es auch von der HPA zurückgewiesen werden. "Dazu hätten wir das Recht", so Lengenfelder.

Bisher kontrolliert der Zoll in Hamburg Container mit eigenen Messgeräten, um den Atomschmuggel zu verhindern. "Sollte sich aber herausstellen, dass durch die Ereignisse in Japan nun hohe Werte vorliegen, würden wir die Feuerwehr oder das Technische Hilfswerk einschalten", sagte Rietz.

Für den Hamburger Flughafen gilt: Es gibt keine Direktflüge von Tokio oder anderen Städten in Japan. "Auch die Luftfracht wird, bevor sie in Hamburg ankommt, zumindest einmal umgeladen", sagte Sprecherin Stefanie Harder. An den Drehkreuzen Frankfurt und München kontrolliert der Zoll alle Waren. "Eine gesundheitsgefährdende Strahlung wurde dabei bisher nicht festgestellt", heißt es von den beiden Flughäfen.