Claus Rüdiger weiß genau, wie man die guten Stücke , die man entdeckt, am Ende auch bekommt. Der Eilbeker kennt beide Seiten - vor und hinter dem Verkaufstisch

Verstaubte Puppenhäuser und putzenswerte Porzellanfiguren beäugen, in vergilbten Buchseiten blättern, zwischen allerlei Klüngel und Krimskrams wühlen - wer solche Dinge gerne tut, der dürfte einen Ort nur allzu gut kennen: den Flohmarkt. Klapptischstände, beladen mit Schätzchen und Schnickschnack, das ist auch die Welt von Claus Rüdiger.

Und das sieht man auch, daheim im Hause Rüdiger in Eilbek: Ob Vogelbauer, Briefwaage oder Figuren von Mohren und Mäusen - im Wohnzimmer des 71-Jährigen und seiner gleichaltrigen Frau Dorit gibt's fast nichts, das es nicht gibt. Vorausgesetzt, es ist einigermaßen alt. Denn das Ehepaar, es sammelt Antiquitäten. Ankaufen und wieder verkaufen, besonders Schönes auch mal für sich selbst behalten und damit hinterher zu Hause dekorieren. Das ist das, was die Rüdigers seit mehr als drei Jahrzehnten tun. Ein- bis zweimal im Monat. Auf Flohmärkten. Dies- wie jenseits des Verkaufstisches.

"Wir haben in all den Jahren schon so manchen Trödel gesehen, als Käufer wie als Verkäufer", sagt Claus Rüdiger und lässt dabei den Blick aus seinem Sessel ("ausnahmsweise nicht vom Trödel, sondern aus dem Möbelhaus") heraus über all die kleinen Kostbarkeiten kreisen, die um ihn herum im Raum prunken. "Die schönsten Märkte - gerade für Antiquitäten - gibt's in Holland und Frankreich, Italien und Spanien", ergänzt Rüdiger. Dorthin führen er und seine Frau auch heute noch regelmäßig, fügt der Mann mit der rustikalen Ausstrahlung hinzu. "Weil's da viel mehr gut erhaltenes Altes gibt als in Deutschland. Bei uns ist im Krieg ja so viel verloren gegangen", sagt Claus Rüdiger und seine Kette um den Hals schillert dabei gold-silbern im Funkellicht des Kristallkronleuchters an der Zimmerdecke.

Schillern ist ein wichtiges Stichwort im Flohmarkt-Geschäft: "Die Rolle einer - na sagen wir mal: spürbaren - Persönlichkeit ist für den Erfolg eines Trödelgangs nicht zu unterschätzen, und zwar dies- wie jenseits des Verkaufstisches", sagt Claus Rüdiger. Damit nennt er schon mal den ersten seiner Tipps in Sachen richtiges Verhandeln aus Käufer-Sicht. Denn Claus Rüdiger, er kennt sie: die fünf goldenen Regeln fürs Feilschen auf dem Flohmarkt - im Folgenden verrät er sie:

1. Forsch auftreten! "Man sollte keine Angst vor Menschen haben, also direkt auf die Verkäufer zugehen, sie unumwunden anschnacken", sagt Claus Rüdiger, dem seine frühere Arbeit in der Gastronomie nach eigenen Angaben "eine dolle Redekraft" beschert hat. Rüdiger glaubt: "Wenn ein Verkäufer merkt, dass sein Gegenüber kein Kind von Schüchternheit ist, wird er weniger versuchen, ihn über den Tisch zu ziehen."

2. Immer handeln! "Jeder Flohmarkt-Verkäufer kalkuliert in seine Auszeichnungen Luft nach unten ein, meist um die zehn Prozent des angegebenen Preises", sagt Claus Rüdiger. Er meint: "Die Verkäufer wollen ihr Zeug ja auf jeden Fall loswerden, notfalls auch für ein paar Taler weniger." Eine bessere Position verschaffe sich der potenzielle Käufer übrigens, wenn er an seinem Objekt der Begierde Mängel entdecke und geltend mache.

3. Emotionen zeigen! In sonstigen Geschäftswelten haben Gefühle vielleicht nichts verloren, beim Trödeln jedoch schon. "Wenn Sie ein Stück wirklich superklassetoll finden, lassen Sie den Verkäufer das ruhig spüren", gibt Claus Rüdiger als Tipp. Denn das Zwischenmenschliche bereite auf dem Flohmarkt so manchem Handel seinen Weg. "Besonders oft, wenn ein Mann und eine Frau miteinander feilschen."

4. Gegebenenfalls zappeln lassen! Falls der Verkäufer nicht von Anfang an genug Verhandlungsbereitschaft zeigen sollte, sei erst mal eine Spannungspause angebracht, sagt Claus Rüdiger. "Entfernen Sie sich vom Trödelstand", rät Rüdiger. Später solle man nochmals vorbeischauen - allerdings nicht ohne den Verweis, dass dies das letzte Mal sei.

5. Zur Not abbrechen! "Wenn ein Verkäufer auf Biegen oder Brechen nicht oder nur unzulänglich mit sich handeln lassen will - ja, ein paar Knalltüten gibt's immer -, dann hilft schließlich alles nix mehr: Dann gibt's einfach kein Geschäft", sagt Claus Rüdiger. Immerhin könne man sich mit einem starken Abgang Respekt verschaffen: bei dem einen Verkäufer, den man womöglich mal wieder treffen werde - und bei den übrigen Verkäufern, bei denen man nun Eindruck geschunden habe.

Alle diese Regeln, sagt Claus Rüdiger nun noch aus seinem Sessel heraus, fußten auf einem Grundsatz: "Bloß nicht einfach so drauflos stiefeln!" Das machten unprofessionelle Flohmarkt-Besucher allerdings gerne falsch, wirft jetzt Dorit Rüdiger ein. Sie sagt: "Wer ein ordentliches Geschäft machen will, muss den Trödel gezielt durchkämmen: Gang für Gang, Stand für Stand." Claus Rüdiger nickt zustimmend. Sein Blick hängt gerade an der Briefwaage. Die für manche sicher nichts als Klüngel wäre. Doch für die Rüdigers ist sie Kunst. Ein Kleinod aus Kaisers Zeiten. Und: die Summe der Regeladdition aus fünf plus eins.