Matthias Schmitting, 49, ist seit 1996 Sprecher des ADAC Hansa

Hamburger Abendblatt:

1. Überall marode Fahrbahnen, gerade fertiggestellte Strecken müssen gleich wieder erneuert werden - können die Deutschen keine vernünftigen Autobahnen mehr bauen?

Matthias Schmitting:

Sehr wohl können deutsche Ingenieure perfekt Straßen und speziell Autobahnen bauen. Deutschland ist im Straßenbauwesen und der Entwicklung von Straßenbautechniken und Baumaterialien weltweit führend.

2. Gibt der Staat zu wenig Geld für den Erhalt und den Bau von Autobahnen aus?

Schmitting:

Wenn man den stetig steigenden Milliarden-Einnahmen aus dem Straßenverkehr die Investitionen in das Straßennetz entgegenstellt, muss die Frage mit Ja beantwortet werden. Betrachtet man gleichzeitig das alle fünf Jahre wachsende Verkehrsaufkommen von rund zehn Prozent muss man daraus schließen, dass wir dem Bedarf an leistungsfähigen Straßen ständig hinterherbauen.

3. Sind die Autobahnen für den heutigen Verkehr nicht ausgerichtet?

Schmitting:

Ein Beispiel: Einige Experten waren bereits in den 60er-Jahren der Meinung, dass man den Elbtunnel mit vier Röhren bauen sollte. Schon wenige Tage nach der Eröffnung 1974 standen die Pendler regelmäßig im Stau. Die vierte Röhre kostete später mindestens zehnmal so viel wie die ersten drei. Fatal ist, dass vier Röhren heute schon nicht mehr ausreichen. Hamburg benötigt dringend eine weitere Elbquerung.

4. Machen uns die europäischen Nachbarländer inzwischen vor, wie man Autobahnen richtig unterhält?

Schmitting:

Nein, hier würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Transitstrecken in den Alpenländern sind schon aufgrund ihrer geografischen Lage zum Teil höherwertiger ausgestattet, dafür aber auch um ein Vielfaches teurer. Dies lässt sich nur durch eine Maut finanzieren. In vielen europäischen Nachbarländern konnten Autobahnen nur gebaut werden, indem diese privat betrieben wurden. Diese sind in ihrer Qualität nicht zwangsläufig besser.

5. Brauchen wir in Deutschland auch eine Pkw-Maut, um Autobahnen zu finanzieren?

Schmitting:

Das wäre unnötig und ungerecht. Schon heute zahlen die Autofahrer durch spezifische Abgaben rund dreimal so viel, wie für den Straßenbau und -unterhalt ausgegeben wird. So fließen pro Jahr rund 60 Milliarden Euro an Mineralöl-, Kfz- und anteiliger Mehrwertsteuer sowie Lkw-Maut in die Staatskasse. Für den Bau und den Unterhalt von Straßen und Autobahnen werden dagegen nur etwa 17 Milliarden Euro ausgegeben. Der große Rest verschwindet im allgemeinen Haushalt.