Vom Aussterben bedroht: Weniger als zehn Prozent der Hamburger sprechen Platt. Dabei ist Niederdeutsch wichtiges Zeichen der Identität.

Hamburg. In Hamburg sprechen nur noch knapp zehn Prozent der Bevölkerung Plattdeutsch. Das ergab eine Studie des Instituts für Niederdeutsche Sprache Bremen. Ein "deutlicher Rückgang", denn vergleicht man die Jahre 1984 und 2007, so haben sich die Sprachkenntnisse der Hamburger beinahe halbiert. "Niederdeutsch ist vom Aussterben zumindest bedroht", sagt Ingrid Schröder, Professorin für Niederdeutsch und Linguistik des Deutschen an der Universität Hamburg. Was einst die Sprache der Hanse war und sogar noch von Brandenburg bis ins Rheinland gesprochen wurde, wird heute kaum noch im Alltag genutzt. In Hamburg findet man Plattdeutsch nur noch in den ländlichen Randgebieten. Hinzu kommt, dass die meisten Plattdeutschsprecher über 60 Jahre alt sind. Das liege vor allem daran, dass in den 50er-Jahren Plattdeutsch nicht mehr an die Kinder weitergegeben wurde, erklärt Schröder. "Niederdeutsch wurde stigmatisiert als rückständig, als Sprache der kleinen Leute und der Ungebildeten", sagt Schröder.

Inzwischen hat sich dieses Bild stark gewandelt. Hamburger schätzen ihre Regionalsprache. "Ich höre es sehr gerne und lese auch auf Platt. Es ist unsere Kultur", sagt Annemarie Otto, 61. Viele Jüngere haben dagegen "nichts am Hut" mit der Sprache. Doch nicht alle: Zwar wird bei Marie Fischer, 25, aus Altona in der Familie kein Plattdeutsch gesprochen. Aber sie besuchte einen Sprachkurs an der Uni. "Ich sehe es als Teil meiner norddeutschen Identität. Wenn ich von hier bin, will ich doch auch die Sprache von hier können."

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Für viele habe Niederdeutsch eine stark identitätsstiftende Funktion, sagt Prof. Ingrid Schröder. "Im Kindergarten lernen viele das plattdeutsche Lied 'An de Eck steiht 'n Jung mit'n Tüddelband'. Und so gehört Niederdeutsch schon zur frühen Kindheit." Die Sprache werde aber oft mit einem stark romantisierenden Bild von Hamburg verbunden: "Es herrscht die Vorstellung, dass im Hafen und auf St. Pauli noch immer überwiegend platt gesprochen wird - dabei ließe sich das empirisch sicherlich nicht untermauern."

Umso größer sind die Bemühungen um den Spracherhalt. Institutionelle Förderung, wie die Einführung von Plattdeutschunterricht in Hamburger Grundschulen, brächten Verbesserungen, sagt Dr. Frerk Möller vom Institut für Niederdeutsche Sprache Bremen. "Es ist Bewegung drin - das gibt Anlass zur Hoffnung", sagt Möller.