Beton zu weich: Ab August muss die Decke auf sechs Kilometern zwischen dem Kreuz Bargteheide und Bad Oldesloe neu betoniert werden.

Hamburg/Lübeck. Knapp dreieinhalb Monate nach Fertigstellung der neuen Fahrbahn der Autobahn 1 zwischen dem Kreuz Bargteheide und Bad Oldesloe im schleswig-holsteinischen Kreis Stormarn muss die Betondecke auf der sechs Kilometer langen Strecke Richtung Norden wieder abgerissen und neu betoniert werden. Wie Harald Haase, Sprecher des Verkehrsministeriums in Kiel, dem Abendblatt bestätigte, habe die Regierung jetzt "die Reißleine im Streit um die Beseitigung von Mängeln gezogen".

Auf dem A-1-Teilstück war bei der Abnahme durch den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr bereits im November festgestellt worden, dass der Beton zu weich sei. Ein Vergleichsverfahren mit der bayerischen Baufirma Reinhold Meister scheiterte. Nach Angaben des Ministeriums wird sich nun ein Gericht mit diesem Fall befassen. Dabei wird es um die Kosten für die nun erforderliche neue Betondecke in Höhe von circa sechs Millionen Euro gehen.

Das Land Schleswig-Holstein hat den Bauauftrag jetzt neu ausgeschrieben. Im August, mitten in der Urlaubssaison, werden die Bauarbeiten nach Behördenangaben beginnen.

Lesen Sie dazu auch den Abendblatt-Bericht aus der Regionalausgabe Stormarn (15. März):

Stoßstange an Stoßstange stehen Autos und Lastwagen auf der Autobahn 1 zwischen dem Kreuz Bargteheide und der Anschlussstelle Bad Oldesloe. Eine Baustelle sorgt auf dem rund sechs Kilometer langen Autobahnabschnitt für Dauerstress im Stau. Solche Szenen aus dem Sommer 2010 werden sich in diesem Jahr leider wiederholen. Denn die im vergangenen Jahr frisch sanierte Betonfahrbahn muss abgerissen und neu gegossen werden. Die Bauarbeiten sollen im August, mitten in der Hauptreisezeit, beginnen.

"Wir haben jetzt die Reißleine gezogen", sagt das Ministerium

"Wir haben jetzt die Reißleine gezogen", sagt Harald Haase, Sprecher des Verkehrsministeriums in Kiel. Denn nach monatelangen Diskussionen zwischen dem Land und der Baufirma Reinhold Meister hat der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) in Lübeck den Vertrag mit der bayerischen Straßenbaufirma gekündigt. Grund für die Debatte waren erhebliche Baumängel. Die Sachverständigen des LBV beanstandeten die Festigkeiten der Betondecke. Ein unabhängiger Gutachter bestätigte den Pfusch. Davon möchte die Baufirma aber laut Verkehrsministerium nichts wissen, "für sie ist alles wunderbar". Jetzt sehen sich beide Parteien vor Gericht wieder.

Doch warum kann die Betonschicht nicht jetzt abgerissen und neu gebaut werden, bevor die Reisewelle Richtung Norden rollt? "Das Land Schleswig-Holstein muss den Auftrag erst ausschreiben", sagt Harald Haase. Bis August können sich Baufirmen bewerben. "Wir gehen davon aus, dass der Bau drei Monate dauern wird", sagt Klaus Scholler, stellvertretende Leiter des LBV in Lübeck. Sechs Millionen Euro wird die Erneuerung der Betondecke kosten. Wer für diese Kosten aufkommt, entscheidet nun ein Gericht.

Vor allem die Pendler zwischen Lübeck und Hamburg werden indes schon jetzt auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Denn bis Baubeginn wird sich an der Situation auf dem sechs Kilometer langen Abschnitt nichts ändern. Dort sind pro Fahrtrichtung nur zwei Fahrstreifen für den Verkehr freigegeben, auf denen Tempo 80 gilt.

"Weil wir den Vertrag mit der Baufirma gekündigt haben, liegt die Haftung jetzt beim Land", sagt Ministeriumssprecher Harald Haase. Und gibt ein Beispiel: "Bricht ein Stück der maroden Betondecke ab und ein Mensch wird dadurch verletzt, haftet das Land." Dieses Risiko möchten die Politiker aber nicht eingehen. So wird in dieser Woche darüber diskutiert, ob die Fahrbahnen Richtung Norden wieder gänzlich gesperrt werden.

Landrat Plöger drängt auf eine intelligente Lösung für Bad Oldesloe

Die Verkehrs-Staatssekretärin Tamara Zieschang bedauert, dass die Autofahrer nun noch einmal auf eine Geduldsprobe gestellt werden müssen. "Wir werden bei der jetzt erfolgten Neuausschreibung natürlich nach Mitteln und Wegen suchen, um die Belange des Tourismus in der Lübecker Bucht zu berücksichtigen." Leidtragende sind insbesondere auch die Firmen in Bad Oldesloe. Diese müssen große Umwege in Kauf nehmen, wenn die Abfahrt Bad Oldesloe gesperrt wird. Deshalb appelliert Landrat Klaus Plöger daran, auch während der Bauarbeiten "eine intelligente Lösung" zu finden, damit die Anschlussstelle Bad Oldesloe in Richtung Lübeck geöffnet bleibt.

Für die Erneuerung des Autobahnabschnittes zwischen dem Kreuz Bargteheide und Bad Oldesloe investierte der Bund zwölf Millionen Euro. Die Firma Reinhold Meister GmbH aus Hengersberg ist mit der Ausführung der Erd- und Straßenbauarbeiten beauftragt worden.

Seit Anfang April waren die Bauarbeiter an sieben Tagen in der Woche mit der Grundsanierung beschäftigt. Erst Ende November 2010 wurde die Fahrbahn fertig gestellt. Doch schon bei der Abnahme wurden erhebliche Mängel festgestellt. Seitdem sind dort keine Arbeiten verrichtet worden. Läuft jetzt alles nach Plan, wird der Autobahnabschnitt mit einem Jahr Verspätung wieder freigegeben.