Joachim Häfele, 43, ist Stadtsoziologe an der HafenCity-Universität Hamburg

Hamburger Abendblatt:

1. Verarmen unsere Innenstädte, wenn kleine Fachgeschäfte wie jetzt im Hanse-Viertel der Laden Hanse-CD ausziehen, weil die Miete steigt?

Joachim Häfele:

Immobilien in Eins-a-Lagen wie dem Hanse-Viertel sind attraktive Anlageobjekte für Versicherungen, Banken und Immobilienfonds. Der hiesige Immobilienmarkt wird immer reizvoller für international operierende Fonds, dadurch werden die Mieten teilweise drastisch in die Höhe getrieben.

2. Sind eher die Vermieter schuld oder alle, die dort nicht mehr einkaufen, sich vielleicht aber empören, wenn der Laden schließt?

Häfele:

Die Hauptursache liegt eher darin, dass die Konkurrenz durch Filialisten mit großem Sortiment und niedrigpreisigen Massenprodukten sehr hoch ist. Die Nachfrage nach solchen Angeboten ist inzwischen einfach größer, sodass durchaus viele, die diese Entwicklung bedauern, gleichzeitig auch Kunden der Filialen sein dürften.

3. Was können die Metropolen tun, um einer Standardisierung und Uniformität vorzubeugen?

Häfele:

Was innerstädtische Gebiete betrifft, liegt der Kardinalfehler darin, dass diese in der Vergangenheit fast vollständig auf den Konsum von Waren und Dienstleistungen zugeschnitten wurden. Wer sich dort nach 23 Uhr bewegt, findet im Prinzip einen sozial toten Raum vor. Künftige Lösungsansätze können nur darin liegen, solche Gebiete wieder zugänglicher und nutzbar zu machen für Wohnen und nicht kommerzielle kulturelle Möglichkeiten.

4. Sind kleine Geschäfte in der Innenstadt wirklich das Salz in der Suppe oder ist das nur eine Romantisierung des Alten?

Häfele:

Unter den Bedingungen des Immobilienmarktes handelt es sich tatsächlich eher um eine Romantisierung. Allerdings können sich für kleine Läden mit speziellem Sortiment durchaus räumliche Alternativen in innenstadtnahen Stadtteilen wie St. Georg, Schanzenviertel oder im Karoviertel auftun. Dort erleben kleinere und individuellere Läden eine regelrechte Blütezeit.

5. Wie kommt es zu dem Widerspruch aus gewünschter Einzigartigkeit von Städten und ihrer zunehmenden Angleichung?

Häfele:

Städte stellen zunächst sehr heterogene räumliche Einheiten dar. Akteure wie die ECE sind allerdings viel zu mächtig geworden bei der Gestaltung innerstädtischer Räume wie dem Hanse-Viertel. Man kann hier von einer Mallifizierung, einer Verschlechterung, des urbanen Raums sprechen. Die so entstandene Uniformität produziert auf der anderen Seite den Wunsch nach Einzigartigkeit. Uniformität bedeutet dabei nichts anderes als die vorwiegend durch den Einzelhandel vorgegebene räumliche Monofunktionalität.