Der Hamburger Werber André Kemper ist in die Hall of Fame der deutschen Werbung aufgenommen worden. Seine Agentur hat namhafte Kunden.

Hamburg. Vor gut zehn Jahren dachte André Kemper kurz, er habe es geschafft. Er stand an der Spitze der Agentur Springer & Jacoby und galt bereits als einer der besten Kreativen der deutschen Werbebranche. Ein Anrufer, der angab, sich im Auftrag der Hall of Fame der Werbung zu melden, fragte ihn, ob er Mitglied werden wolle. Sich mit nur 37 Jahren bereits in der Ruhmeshalle der deutschen Werbung verewigen lassen, in der Persönlichkeiten der Branche geehrt werden? Na klar wollte Kemper das. Doch dann hörte er etwas genauer hin und stellte fest, dass der Anrufer ihn nur als Mitglied für die Jury gewinnen wollte. Und nicht einmal daraus wurde was. Als Juror zog die "Wirtschaftswoche", die sich den Preis ausgedacht hat, Sebastian Turner von der Agentur Scholz & Friends vor.

Diese Anekdote stand am Anfang der Dankesrede, die Kemper gestern in Düsseldorf hielt. Nun, mit 47 Jahren, ist er dann doch Mitglied der Hall of Fame der Werbung geworden. Dies ist die Krönung einer Karriere, die streng genommen Anfang der 80er-Jahre mit einem Praktikum bei der Programmzeitschrift "Hörzu" begann. Ein Redakteur erkannte sein kreatives Talent und riet zu einer Karriere in der Werbung. Kemper heuerte bei einer Direktmarketingagentur an, wo er sich kreativ allerdings nur beim Briefeschreiben verwirklichen konnte. In Abendkursen bildete er sich zum Texter weiter, einen Beruf, den er dann erstmals 1984 bei der Agentur Team BBDO ausübte.

Kemper aber wollte zu Springer & Jacoby, der führenden deutschen Agentur der 80er-Jahre. Die Werber aus der Poststraße machten nicht nur die hippsten Kampagnen. "Springer & Jacoby", sagt Kemper, "hat unsere Generation von den Fesseln alter Strukturen und Hierarchien befreit. Vor Springer & Jacoby hatte ich noch Chefs, da musste man um Erlaubnis fragen, wenn man kurz das Haus verlassen wollte." Bei Springer & Jacoby dagegen waren die Hierarchien flach. Jeder duzte jeden. Kaum einer trug Krawatte. Er selbst trägt Schiebermütze, Jeans und lässt einen Dreitagebart sprießen.

Dreimal bewarb er sich. Erst 1989 wollte ihn die Agentur haben. Er arbeitete zunächst an Kampagnen für Görtz, den "Spiegel" und die Zigarettenmarke P&S. Schon bald stieg er zum Creative Director auf. 1994 zogen sich die Agenturgründer vom Tagesgeschäft zurück. Unter dem neuen Chef verlor die Agentur aber Terrain an die von ehemaligen Springer-&-Jacoby-Mitarbeitern gegründete Agentur Jung von Matt. Es musste etwas geschehen.

Kemper war derweil als Kreativchef für den Kunden Mercedes-Benz verantwortlich. Als er zu Aufnahmen für einen Werbespot in Los Angeles weilte, ereilte ihn ein Anruf aus der Heimat. Er möge augenblicklich nach Hamburg fliegen. "Ich dachte zuerst, wegen was für eines blöden Fehlers holen die mich jetzt zurück." Zu Hause wurde Kemper aber nicht gerügt, sondern befördert.

Nun stand er zusammen mit zwei Kollegen an der Spitze der Agentur. Springer & Jacoby erlebte einen zweiten Frühling. Mit dem Einstieg der Werbeholding True North begann sich die Agentur zu internationalisieren. Es entstanden Kampagnen für Mercedes-Benz, Coca-Cola, Lufthansa und die "Welt", die Kemper noch immer zu den besten seiner Karriere zählt.

Dennoch verließ er 2003 als Sprecher der Geschäftsführung die Agentur. Zusammen mit einem ehemaligen Mitstreiter von Springer & Jacoby hatte er das Angebot angenommen, die Geschicke des Düsseldorfer Agenturriesen BBDO zu bestimmen. Der in Barmbek geborene und in Bramfeld aufgewachsene Kemper richtete ein BBDO-Büro in Hamburg ein. Das kam nicht gut an. Als es dann noch Krach wegen des erfolglosen Angebotes an den Autovermieter Sixt gab - den Kemper angeblich mit dem Versprechen, drei Jahre umsonst zu werben, von Jung von Matt loseisen wollte - war klar, dass er bei BBDO nicht alt werden würde. Im Jahr 2004 trennte man sich.

Kemper hatte das Glück, dass es zur gleichen Zeit seinen einstigen Springer-&-Jacoby-Kollegen Michael Trautmann, der mittlerweile Marketingchef von Audi war, ebenfalls zurück in den Norden zog. Gemeinsam gründeten die beiden in Hamburg die Agentur kempertrautmann. Und unmittelbar nach Agenturgründung gelang es ihnen, den millionenschweren Etat der Elektronikkette Media Markt an Land zu holen. Auf die Spots, die seine Agentur mit dem Schauspieler Olli Dittrich für diesen Kunden drehte, ist Kemper noch heute stolz. Allerdings hat Media Markt sich Anfang des Jahres von kempertrautmann getrennt. Man merkt, dass Kemper dies noch immer schmerzt.

Mit der Commerzbank, Audi oder Vaillant sind zahlreiche namhafte Kunden dazugekommen. Die Agentur arbeitet auch für das Abendblatt. Sie hat mittlerweile 170 Mitarbeiter. Im Dezember wurde der Onlineableger kempertrautmann change gegründet. Um die Zukunft der Agentur des neuen Mitglieds der Hall of Fame der deutschen Werbung muss einem nicht bange sein.