Lichtkünstler illuminieren das Gebäudeensemble. Vattenfall will damit auf einen Wettbewerb für neue Nutzung aufmerksam machen.

Hammerbrook. Es ist eine besonders zugige Ecke in Hammerbrook, die sich Projektionskünstlerin Katrin Bethge ausgesucht hat. Der eisige Wind pfeift heftig, wo die Bahnlinie die Bille quert und das alte Kohlekraftwerk Bille steht. Katrin Bethge baut einen alten Overheadprojektor in einem Metallkasten auf, der an eine Radarfalle erinnert.

Auf einem sich drehenden Teller legt die 40-Jährige eine 70er-Jahre-Salatschüssel und eine netzartige Tortenplatte. Ein Knips mit dem Schalter, und das helle Lichtwunder geschieht: Plötzlich erstrahlt die Stirnseite des mehr als 100 Jahre alten Rotklinkerbaus, der auch "Anton" genannt wird, wie ein skurriles Raumschiff, das 100 Glubschaugen hat. Die Lichtinstallation ist Teil einer Aktion, die Eigentümer Vattenfall zahlt. Sie soll auf den Wettbewerb zur neuen Nutzung der Gebäude aufmerksam machen.

Das ist den Künstlern gelungen. "Ich gebe dem alten Gebäude mit dem sich ständig ändernden Lichtbild ein neues Kleid", sagt Katrin Bethge. Das Gebäude werde regelrecht verzaubert. "Die Bauformen werden mit der Lichtinstallation aufgelöst. Und in der Dunkelheit scheint ein Rad in der Luft zu schweben", sagt sie. Besonders eindrucksvoll sei die Wirkung zur blauen Stunde nach Sonnenuntergang.

Die Aktion ist weithin sichtbar, auch andere Gebäude auf dem großen Gelände werden beleuchtet: zum Teil mit Diaprojektoren, zum anderen Teil von innen mit modernster LED-Technik, die einen ständigen Farbwechsel erlaubt. Initiiert hat das alles Rolf Kellner von der überNormalNull GmbH. Die Innenbeleuchtung stammt vom Lichtkünstler Photonphorge. Das pulsierende, mehrfarbige Licht in den Fenstern soll an Herzschläge erinnern. Rolf Kellner ganz poetisch: "Mir dem Licht erwacht das alte Kraftwerk nachts wieder und beginnt Ideen zu suchen."

Vattenfall steckt viel Energie in sein historisches Kraftwerk: Mindestens eine Woche lang soll das Licht von 18 bis 22.30 Uhr leuchten. "Wir wollen mit der Lichtinstallation auf unser Projekt aufmerksam machen, das jetzt in die entscheidende Phase geht", sagt Vattenfall-Sprecher Stefan Kleimeier. Unter dem Motto "Schaffensraum Kraftwerk Bille" läuft noch bis zum 25. März ein Wettbewerb für Nutzungskonzepte des knapp 15 000 Quadratmeter großen Kraftwerksareals. 30 Vorschläge sind schon eingetroffen.

Das Gebäude "Anton" war in die Schlagzeilen geraten, weil eine Mieterin sich gegen den geplanten Abriss zur Wehr setzte. Sehr schnell schwenkte Vattenfall um und erklärte, dort ein "Kulturkraftwerk" schaffen zu wollen. Im neuen Flyer zum Wettbewerb wird der Konzern sogar schwärmerisch: "Vattenfall möchte die Gebäude des Kraftwerks Bille nach ihrer ereignisreichen Geschichte erhalten. Für Vattenfall ist das eine Herzensangelegenheit."

Das ganze Gelände solle "zu einem impulsgebenden Ort mit besonderer Ausstrahlung für ganz Hamburg" werden. Wegen der guten Lage zwischen der Bille, dem Bullerdeich und dem Anton-Rée-Weg seien verschiedene Nutzungen möglich: beispielsweise aus den Bereichen Energie, Umwelt, Sport, Kultur, Wissenschaft und Bildung. Weil das alte Kraftwerk nur 1,2 Kilometer von der Hamburger Innenstadt entfernt in einem "zukünftigen Stadtentwicklungsgebiet" und direkt am Wasser der Bille liegt, würde es sich auch für eine Wassertaxizentrale oder als Platz für Breitensport mit Wasserbezug eignen.

Bis zum 25. März können sich Interessierte melden. Der Workshop beginnt im April dieses Jahres. Mehr Informationen zum gesamten Projekt und seinen Rahmenbedingungen gibt es im Internet unter: www.vattenfall.de/kraftwerkbille