Iris Gordelik, 47, ist Personalberaterin und leitet eine eigene Beratungsfirma.

Hamburger Abendblatt:

1. In den großen deutschen Aktiengesellschaften sind nur 6,5 Prozent der Aufsichtsräte und Vorstände weiblich. Warum wird die deutsche Wirtschaft derart von Männern dominiert?

Iris Gordelik:

Die Männer haben in den vergangenen Jahrzehnten ein eigenes, auf ihr Geschlecht zugeschnittenes System etabliert. Sie sorgen dafür, dass sie fast ausschließlich unter sich bleiben. Das ist kein Wunder. Denn Männer kennen in Führungspositionen ja fast nur Männer.

2. Wäre eine gesetzliche Frauenquote aus Ihrer Sicht sinnvoll?

Gordelik:

Auf jeden Fall. Wir können mit Blick auf die von Männern dominierten Führungspositionen von einem Programmierfehler im System sprechen. Nun wird es Zeit für ein neues Programm. Und das können wir nur über gesetzliche Regelungen installieren. Aus meiner Sicht wäre eine 50:50-Quote sinnvoll. Allerdings kann man auch Toleranzen zulassen. Eine Mindestquote von 30 Prozent für Frauen in Führungspositionen sollte aber Pflicht sein. Der Gesetzgeber könnte Firmen, die eine höhere Frauenquote einführen, zum Beispiel Steuervorteile gewähren.

3. Gibt es aus Ihrer eigenen Erfahrung heraus überdurchschnittlich viel Mobbing gegen Frauen in Chefetagen?

Gordelik:

Das kann ich klar verneinen. Frauen werden sehr ernst genommen in Führungspositionen. Früher ist das sicherlich anders gewesen, da war man noch der Meinung, die Frau gehört an den Herd. Doch das ist vorbei. Auch Männer schauen auf die Leistung, nicht auf das Geschlecht.

4. Welche zentralen Fehler machen Frauen, wenn sie in Führungspositionen streben?

Gordelik:

Frauen vernachlässigen die Netzwerke, sind zu bescheiden. Während Männer mit ihren Erfolgen prahlen, die eigenen Leistungen innerhalb des Unternehmens ständig kommunizieren, halten sich Frauen damit sehr zurück. Frauen fehlt es nicht selten an einem selbstbewussten Auftritt.

5. Wie viel Prozent der DAX-Vorstandsposten werden 2020 von Frauen besetzt sein?

Gordelik:

Obwohl wir noch keine Quote in Deutschland haben, sitzen schon deutlich mehr Frauen in Führungspositionen als früher. Ich bin optimistisch und denke, dass im Jahr 2020 der Frauenanteil in den Chefetagen bei 30 Prozent liegen wird.