Aus dem Nachlass hanseatischer Sammler werden heute und am Sonnabend historische Fotografien, Bücher und Nautika versteigert.

Lange ruhten sie gut verwahrt in den Schränken privater Sammler - heute und morgen kommen sie unter den Hammer: Etwa 500 Hamburgensien aus den vergangenen Jahrhunderten, wie es sie sonst nur noch in Museen und im Staatsarchiv gibt. "Viele besitzen absoluten Seltenheitswert", sagt Kunsthistorikerin und Auktionatorin Eva Uebach-Kendzia. "In einer solchen Fülle kommen alte Hamburg-Fotos heute nicht mehr auf den Markt."

Als ganz besondere Schätze empfindet die Juniorchefin des Auktionshauses Klaus D. Kendzia die vielen großformatigen Fotografien aus dem Nachlass des Kunstsammlers Arthur Reimers, der von 1913 bis 1986 in Hamburg lebte. "Er war selbst ein Hamburger Original", erinnert sie sich. "Auf Auktionen fiel er auf, weil sein oft sehr nachlässiges Äußeres in krassem Gegensatz zu seiner Kaufkraft stand - häufig kam er sogar barfuß."

Aber er kam immer wieder. Dadurch schuf er eine dokumentarische Sammlung, die einen tiefen Einblick in die Vergangenheit Hamburgs ermöglicht und den Betrachter auf eine spannende Zeitreise mitnimmt.

Mehrere Fotos etwa zeigen eine künstlich errichtete Insel auf der Binnenalster. Sie war 1895 von den Honoratioren der Stadt errichtet worden - ausgestattet mit kleinem Wehrturm und Festzelt, des Nachts sogar elektrisch illuminiert. Gebaut wurde die Party-Insel anlässlich der Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals, die der Kaiser in Hamburg feierte. Das spektakuläre Fest war ein Publikumsmagnet - in dichten Trauben standen die Bürger nicht nur an der Ufern der Binnenalster, sondern fuhren auch mit Booten so nah wie möglich an die Insel heran. Deutlich ist zu erkennen, wie eine Barriere das "gemeine Volk" in gebührendem Abstand zu den Herrschaften hielt. Andere Fotografien aus der reimerschen Sammlung zeigen den Zeppelin "Victoria Luise", der bei der Gründungsfeier vor 100 Jahren über dem Hamburger Flughafen kreiste, oder den Monteur Henry Pege in einem der ersten Fluggeräte, die um 1910 über der Hansestadt in die Luft gingen. Ebenfalls zu ersteigern ist eine etwa 180 Jahre alte Farblithografie der "Ersten Warteschule am Stintfange" - sozusagen Hamburgs erste Kita, oder Aufnahmen des Kaispeichers A von 1882, der damals statt eines Glasaufbaus eine Kugel auf dem Dach hatte, die die Tide anzeigte. Diese Aufnahme machte der bekannte Hamburger Fotograf Georg Koppmann. Dieser bekam 1883 von der Stadt den Auftrag, die barocken Paläste und mittelalterlichen Speicher abzulichten, die damals für den Bau der Speicherstadt abgerissen werden mussten. Fotos aus dieser Serie, genannt "Hamburg Ansichten aus dem niederzulegenden Stadttheil", sind ebenfalls erhältlich.

Auch jahrhundertealte Bücher gehören zu den Objekten, die jetzt meistbietend verkauft werden. "Darunter sind echte bibliophile Kostbarkeiten", sagt Auktionatorin Uebach-Kendzia. Etwa eine seltene Ausgabe der "Pestordnung in der Stadt Hamburg" aus dem Jahr 1597. In altdeutscher Schrift, die auch nach mehr als 400 Jahren noch gut lesbar ist, klärt sie die Bevölkerung umfassend auf - etwa über die Ansteckungsgefahr bei Menschenansammlungen oder die Heilkraft von Knoblauch. Eine weitere Rarität ist das in Schweinepergament gebundene, 1750 erschienene Buch über die Dreieinigkeitskirche in St. Georg. Als Besonderheit besitzt es auffaltbare Kupferstiche sowie einen Abdruck der Eröffnungsrede in einem Einband aus farbigen Ochsengallenpapier.

Unter den Hamburgensien sind auch viele nautische Antiquitäten. Sie stammen aus der Sammlung eines Blankeneser Kapitäns und sind etwa 100 Jahre alt. Zu den Objekten gehören ein seltener Taucherhelm des Unternehmens Karl Bernhard Apparatebau, Kompasse, Maschinentelegrafen und Sextanten.

Nicht nur eingefleischte Sammler sind im Auktionshaus willkommen. "Die Versteigerung steht jedem offen", sagt Eva Uebach-Kenzia. Die Einsatzpreise scheinen moderat angesetzt zu sein. So beträgt das Mindestgebot für die fünf Fotos aus der Serie "Alster-Insel" 150 Euro, das für die Aufnahme vom Kaispeicher 100 Euro. Wer an der Pestordnung, zu der auch ein Buch über Cholera gehört, interessiert ist, muss 200 Euro überbieten. Die Versteigerung im Auktionshaus Kendzia (Sierichstraße 33) beginnt heute um 19 Uhr mit den Nautika, morgen kommen um 10 Uhr die Fotos und Bücher unter den Hammer. Weitere Informationen unter www.auktion-kendzia.de