Hamburger Datenschützer Johannes Caspar will 24 Überwachungskameras im AEZ abbauen. Betreiber ECE setzt dagegen auf Sicherheit.

Hamburg. Alstertal-Einkaufszentrum gestern Nachmittag. Hunderte von Menschen schieben sich durch die Gänge, über ihnen surren die Überwachungskameras. Die beiden Schülerinnen Luisa Arfs, 18, und Sabrina Loch, 17, stören sie nicht. Im Gegenteil: "Wir fühlen uns sicherer, wenn in einem Zentrum mit so vielen Menschen aufgepasst wird, dass uns nichts passiert", sagt Arfs. Doch der Nutzen der insgesamt 75 Kameras in dem Zentrum lässt sich auch anders bewerten.

Das macht Johannes Caspar, Hamburgs Beauftragter für den Datenschutz. Er setzt sich dafür ein, 24 der Kameras abzubauen. Den Bescheid an die ECE, den Betreiber des Einkaufszentrums, hat seine Behörde nach eigenen Angaben bereits verschickt. Für Hamburgs obersten Datenschützer ist die Sache klar: "Die Kameras schränken das Selbstbestimmungsrecht der Menschen ein, die sich frei im öffentlichen Raum bewegen wollen, ohne sich beobachtet zu fühlen." Er sieht das Bundesdatenschutzgesetz verletzt.

Dabei geht es Caspar nicht um Bereiche wie die Tiefgarage, die Plätze vor den Kassenautomaten oder das Filmen von Fluchtwegen, die immer frei bleiben müssen. Dort kann weiter beobachtet werden. "Es ist aber nicht verhältnismäßig, wenn Kameras auch Rolltreppen, Ein- und Ausgänge oder die Wege zwischen den einzelnen Geschäften überwachen. Dadurch kann allenfalls jemand beim Verteilen von Flugblättern, Verstößen gegen die Hausordnung oder beim Rauchen ertappt werden. Und Straftaten wie Sachbeschädigung ereignen sich ohnehin vor allem in Bereichen, wo wir die Kameras nicht beanstanden."

Mit seiner Aktion steht Caspar nicht allein. Neben ihm haben sich auch Datenschützer aus anderen Bundesländern mit den ECE-Zentren befasst, berichtet NDR-Info. "Mit dem Thema hat sich auch schon mein Vorgänger seit 2008 auseinandergesetzt", sagt Caspar, der sein Amt 2009 übernommen hatte. Man habe sich aber letztlich in den Gesprächen mit ECE nicht auf eine Vorgehensweise einigen können.

Daher wurde nun der Bescheid zum Abbau der Kameras verschickt. Das Vorgehen der Datenschutzbehörde ist dabei für Hamburg neu. "Ich kenne auch keine Bescheide zu diesem Thema aus anderen Bundesländern", sagte Caspar.

Zunächst jedoch werden die Kameras im AEZ weiterlaufen. "Wir haben Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt", sagte ECE-Sprecher Robert Heinemann dem Abendblatt. Schließlich diene die Technik der Sicherheit der Kunden und der Einzelhändler. Zudem hätten "namhafte Juristen" die von den Datenschützern bemängelten Standorte der Kameras überprüft und hielten sie nach dem Bundesdatenschutzgesetz für zulässig.

Grundsätzlich würden die Aufnahmen von ECE nicht ausgewertet, Geräte und Aufzeichnungen verschlossen gehalten und die Bänder innerhalb von 48 Stunden gelöscht, versicherte Heinemann. Dazu werde an allen Eingängen des Centers klar und eindeutig auf die Videoüberwachung hingewiesen.

Kompromissbereit ist ECE, wenn es um einzelne Kameras geht. Schon in der Vergangenheit wurden einige, die zum Beispiel auf Besucher eines Cafés wiesen, in eine andere Richtung gedreht oder abmontiert. "Rolltreppen, Eingänge und die Ladenstraßen sind aber für uns sicherheitsrelevant", so Heinemann. Da könne man nicht auf Kameras verzichten. Nur ein Beispiel dafür ist ein Überfall auf einen Juwelier vor zwei Jahren. "Da waren die Polizeibeamten dankbar, dass wir Bilder von den Tätern liefern konnten."

Nach dem Widerspruch des Unternehmens, das der Familie Otto gehört, muss nun die Behörde den Bescheid erneut prüfen. Bleibt Caspar bei seiner Forderung, wird ECE voraussichtlich vor dem Hamburger Verwaltungsgericht klagen.

"Nach dem Eingang einer Klage wird es schon wegen der Fristen für Stellungnahmen mehrere Monate dauern, bis eine Entscheidung fällt", sagte Susanne Walter, die Sprecherin der Hamburger Verwaltungsgerichte. Ein Richterspruch könnte eine über Hamburg hinausreichende Bedeutung haben. Caspar: "Er ließe sich künftig auch bundesweit auf Einkaufszentren anwenden."