Ein Kommentar von Annette Stiekele

Es ist eine kleine Sensation. Thalia-Intendant Joachim Lux steckt in seiner zweiten Spielzeit und ist mit seinem tollen Themenfestival, den Lessingtagen, bereits in der Mitte der Stadt angekommen. Warum? Weil die Lessingtage drängende gesellschaftliche Umbrüche unserer Zeit - interkulturelle Gesellschaft, Toleranz der Religionen und großstädtische Heimatlosigkeit - auf künstlerisch aufregende Weise abbilden. Und weil sie nicht nur ein prominentes Gastspiel ans nächste reihen, sondern den Menschen mit Diskussionen und Projekten ein Forum bieten, in dem sie sich beteiligen können.

Der Mut des Intendanten, neben sicheren Bühnenhits aus Wien oder München auch Gastspiele weniger bekannter Theatermacher aus Estland oder China einzuladen, zahlte sich aus. Weil die Qualität stimmte und die Bürger der Auswahl vertrauten. Fast alle Vorstellungen waren ausverkauft. Überall machten sich die Neugier und die Begeisterung für das Festival breit. Es spiegelt eine Tatsache, die auch in Hamburg längst Realität ist: Noch nie sah man so viele Menschen mit Migrationshintergrund im Theater. Kunst liefert keine Lösungen für drängende Fragen, aber sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Identitätsstiftung. Der Erfolg der Lessingtage als zweites großes Theaterfestival neben dem Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel ist ein Zeichen für die vitale Theaterlandschaft Hamburgs.