Die Zahl der Übergriffe auf städtische Angestellte stieg im vergangenen Jahr um elf Prozent

Hamburg. Die Hand liegt immer auf dem Alarmknopf - wenn die Kunden zu pöbeln beginnen und Holger Schumann (Name geändert) sich wieder einmal bedroht fühlt. Manchmal wünscht sich der Sachbearbeiter des Grundsicherungs- und Sozialamts eine Panzerglasscheibe zwischen sich und seinen Kunden. Neulich zum Beispiel, als ein Klient ohne Vorwarnung ins Büro stürmte und auf ihn losging.

Es war einer von 1266 registrierten Übergriffen auf Hamburger Staatsdiener im vergangenen Jahr. Und damit stieg die Zahl der Taten um elf Prozent (127 Taten) im Vergleich zum Jahr 2009. Das ergab eine Senatsantwort auf eine Anfrage von SPD-Innenexperte Andreas Dressel. Als "dramatisch" bezeichnet Dressel die Entwicklung bei den Feuerwehrleuten. Dort stieg die Zahl der Übergriffe von 15 auf 39. Er kritisiert gleichzeitig, dass die Zahl der Übergriffe auf Polizeibeamte noch nicht vorliegt. "Dabei hat doch Herr Ahlhaus noch als Innensenator zugesagt, dass die Erfassung verbessert werden soll." Laut Innenbehörde wird die Zahl noch im Februar, wahrscheinlich vor der Bürgerschaftswahl, vorgestellt. Der derzeitige Innensenator Heino Vahldieck (CDU) wehrt sich gegen den Vorwurf: "Das Thema haben wir auf der Innenministerkonferenz behandelt. Dabei ist eine Anhebung der Höchststrafe von zwei auf drei Jahre herausgekommen."

Auch Sieglinde Frieß, Fachbereichsleiterin der Gewerkschaft Ver.di, registriert seit Jahren eine Zunahme von Gewaltübergriffen in den Behörden. "Seit 1992 wurden 30 Prozent des Personals in den Bezirken abgebaut", sagt Frieß. "Gleichzeitig wächst die Zahl der Menschen, die Hilfe von den Behörden in Anspruch nehmen müssen." Weil immer weniger Zeit für den einzelnen Kunden bleibe, fühlten sich viele von ihnen schlecht behandelt. "Das führt zu verbalen Attacken und sogar zu Gewalttaten."

Die Stadt versucht mit einem Bündel von Maßnahmen, die Mitarbeiter zu schützen. Laut Volker Bonorden, Leiter des Personalamts, hätten alle Mitarbeiter der für Hartz-IV-Empfänger zuständigen Arbeitsgemeinschaft einen Alarmknopf auf dem Bildschirm, mit dem sie Hilfe rufen könnten. In vielen Ämtern seien zusätzliche Türen installiert worden, damit Mitarbeiter im Fall von Angriffen flüchten könnten. Zudem werde Sicherheitspersonal eingesetzt. In den Räumen der öffentlichen Rechtsauskunft wurden nach einer schweren Messerattacke auf einen Richter Kameras installiert. Bonorden: "Aber hundertprozentig verhindern können auch diese Maßnahmen die Übergriffe nicht."