Beim Kartendienst des Konzerns schmähen Nutzer zum Beispiel die Konzertarena im Volkspark und die Elbphilharmonie. Keine neutralen Einträge.

Hamburg. Google findet alles. Das richtige Holzspielzeug, die Rezeptur für Falschen Hasen oder den Zahnarzt um die Ecke. Brav kramt die populärste Internetsuchmaschine der Welt gewünschte (und unerwünschte) Informationen aus dem Netz; und bei Google Maps, dem Karten- und Navigationsdienst des Unternehmens, kann man sich sogar ansehen, wo sich das Gesuchte befindet. Ein roter Punkt markiert den Standort, und ein kleiner Schwenk mit der Maus lässt erste Auskünfte aufblinken. Aber was mag ein Berliner denken, wenn er im virtuellen Erstkontakt mit der Elbphilharmonie erfährt "90 Prozent der Hamburger Bürger wollen den hässlichen Protzbau nicht"?

Man weiß es nicht, doch so diffamierend steht es bei Google Maps. Die Ortsmarke des durchaus umstrittenen Bauwerks ist polemisch eingefärbt. Kein neutraler Eintrag, der etwa auf Wikipedia verweist, empfängt unbedarfte Suchende, sondern eine bissige und vermutlich unwahre Kritik - verfasst von einem Google-Nutzer. Ähnlich geschmäht zeigt sich die Koordinate der Hamburger Handelskammer. Dort steht als Empfangsbotschaft für Suchende: "Die Handelskammer dient nur der Selbstbeweihräucherung bestimmter Personen." Dieses Mal hat ein Nutzer der Bewertungsplattform Qype - dort werden für gewöhnlich Hotels, Ärzte oder Restaurants beurteilt - den Begrüßungstext verfasst. Und bei der Ortsmarke der O2 World heißt es latent legasthenisch: "Für Konzerte viel zu gross, schlechte Akoustik."

Hat Google etwas gegen bekannte Hamburger Anlaufpunkte? "Nein", sagt Google-Sprecher Stefan Keuchel. Dass die offizielle Erstinformationen über Orte bei Google Maps mal neutral, mal negativ und mal positiv ausfällt, hänge mit den eingebetteten Informationsebenen zusammen. Videos, Fotos, amtliche Internetseiten oder eben Bewertungsportale sollen die Informationen für den Nutzer maximieren. Welche Auskunft dann die wichtigste ist, sortiere die Internetsuchmaschine nicht nach Neutralität oder Aktualität, sondern ausschließlich nach Relevanz, nach Google-Relevanz (siehe Infokasten). Dass mitunter fiese Qype-Beiträge die Ortsmarken beschreiben, sei einer Inhaltskooperation mit der Bewertungsplattform geschuldet. Dabei prüfe Google die Textbeiträge nur, wenn es Beanstandungen oder Hinweise auf verfassungsfeindliche Inhalte gebe. An der Hierarchie der angezeigten Inhalte werde in der Regel nicht gerüttelt. "Und wir zensieren prinzipiell nicht die Meinungsvielfalt", sagt Keuchel.

Jörn Arfs, Kommunikationschef der Handelskammer, ist dagegen wenig erbaut: "Wir sind über den Eintrag natürlich nicht begeistert. Aber es gibt nach unseren Erkenntnissen gerade drei negative Erfahrungsberichte in drei Jahren, wovon zwei uralt sind. Wir würden solche anonymen, unsachlichen und polemischen Beiträge unverdient aufwerten, wenn wir darauf reagierten." Deshalb habe die Handelskammer entschieden, die Einträge zu ignorieren. "Ich bin heute erstmalig damit konfrontiert, und es ist natürlich befremdlich. Aber ob wir Google bitten, den Eintrag zur Elbphilharmonie neutral zu verlinken, kann ich in der Kürze der Zeit nicht beurteilen", sagt Karl Olaf Peters, Sprecher der für die Elbphilharmonie zuständigen Kulturbehörde.

Deutlichere Worte findet Sascha Albertsen, Sprecher der Hamburg Tourismus GmbH: "Aus Vermarktungsperspektive ist es bedauerlich, dass der Leser zunächst auf die negativen Aussagen stößt." Aber, so Albertsen, solche Kommentare seien bei nutzergeneriertem Inhalt nicht auszuschließen.

Und sie sind beim Google-Geschäftsmodell nicht zu verhindern, sagt Till Kreutzer, Anwalt und Urheberrechtsexperte: "Dafür fehlt die rechtliche Grundlage. Was häufig geklickt wird, steht bei Google oben." Erwünscht oder unerwünscht.