Wie Helge Scheck nach der Diagnose ein ganz neues Leben begann und 21 Kilo abnahm.
Am Anfang war der Durst. Flaschenweise schüttete Helge Scheck, 56, Wasser in sich hinein. Nicht die beste Idee für einen Regionaldirektor einer großen Versicherung, der den halben Arbeitstag im Auto verbringt. "An jeder Raststätte musste ich aufs Klo", sagt Scheck. Hinzu kam die Müdigkeit. Wochenlang ging das so. Bis ein Kollege ihm erzählte, dass Durst, Schlappheit und viele Toilettengänge Symptome seien für einen erhöhten Blutzuckerspiegel. Scheck kaufte in der Apotheke ein Messgerät. Abends, in einem Berliner Hotel, piekste er sich in den Finger, presste einen Tropfen Blut heraus, träufelte ihn ins Messgerät, das prompt runterzählte - drei, zwei, eins - und dann zeigte: 493 mg/dl - der fünffache Wert eines gesunden Menschen. Damit hatte sich Scheck selbst die Diagnose gestellt: Diabetes mellitus, Typ 2.
Fast anderthalb Jahre ist das her. Fragt man Helge Scheck heute, wie er über diesen Sommertag im August 2009 denkt, sagt er: "Ich bin froh über den Diabetes. Sonst hätte ich weitergemacht wie zuvor." Zuvor, das bedeutete: ohne Frühstück aus dem Haus, unterwegs Pasta mit Sahnesoße, Grünkohl, Königsberger Klopse, Hamburger oder Bratwürste, gerne eine doppelte Portion, je nach Terminlage. Und abends um zehn Schnittchen als Betthupferl. "Damals steckten wir mitten in der Finanzkrise. Deshalb achtete ich noch weniger auf meine Ernährung als ohnehin."
Scheck im Sommer 2009: kein Sport, viel Couch und 108 Kilo. Mit der Diagnose änderte sich das, weil Scheck sich änderte. Sein Arzt erzählte ihm, was ihm ansonsten drohe: Nervenschäden, Blindheit, Impotenz und Amputationen, im Schnitt sieben Jahre weniger Lebenszeit. Aber vor allem: Spritzen! "Mir selbst Insulin spritzen zu müssen, war meine Horrorvorstellung", sagt Scheck. Um das zu vermeiden, strengte er sich an - und kommt bis heute mit zwei Tabletten täglich aus.
Seit der Diagnose frühstückt Scheck Müsli mit Joghurt, mittags isst er öfter Salate, Obst oder ein Brötchen (früher waren es zwei). Die warme Hauptmahlzeit nimmt Scheck noch immer abends ein, dann gibt es auch ab und zu Bratwürste mit Sauerkraut, aber eben nur einen Teller. "Ich lebe nicht nach einem Diätplan, esse aber deutlich weniger", sagt er. Wenn er Heißhunger auf Schokolade hat, isst er nur noch einen Riegel und "nicht mehr eine Tafel wie früher". Scheck nahm 21 Kilo ab und hält sein neues Gewicht.
Entscheidender aber war, so sagen die Ärzte, dass Scheck sich von der Couch erhob. Abends spazieren, zwei- bis dreimal die Woche golfen. Ungefähr 1000 Kalorien verbraucht er bei einem 18-Loch-Kurs. Das alles klingt nicht nach großer Anstrengung. Dafür nach guten Werten: Sein Blutzucker liegt tagsüber stets unter der 100-mg/dl-Grenze. Der Zuckerlangzeitwert HbA1c sank von 11,5 Prozent auf 6,5 Prozent. Mit diesen Werten könne er 100 Jahre alt werden, meint sein Arzt. Heute sehe ich die Diagnose Diabetes wie eine Warnung", sagt Helge Scheck, der sich seit 15 Jahren nicht mehr so fit fühlte wie heute. Er hat die Warnung verstanden.