Die Heilungschancen für an Brustkrebs erkrankte Patientinnen haben sich enorm verbessert

Eine Frau mittleren Alters steht unter der Dusche und tastet beim Einseifen einen Knoten in der Brust. "Das ist die häufigste Art, wie ein Brustkrebs entdeckt wird", sagt Prof. Fritz Jänicke, 62, Direktor der Klinik für Gynäkologie am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE). Eine regelmäßige Selbstuntersuchung sei zwar empfehlenswert, könne aber eine Mammografie nicht ersetzen. Denn in dieser sind schon Tumoren von drei bis vier Millimeter Größe zu erkennen. Bei der Selbstuntersuchung ist ein Knoten bei kleinem Busen ab einer Größe von fünf bis sechs Millimetern tastbar; bei großem Busen ist es schon schwierig, einen einen Zentimeter großen Tumor zu fühlen. "Eine Selbstuntersuchung sollte nach der Menstruation durchgeführt werden, am besten unter der Dusche, wenn man sich einseift", empfiehlt Jänicke.

Der Brustkrebs steht bei Krebserkrankungen der Frauen an erster Stelle. Laut Hamburgischem Krebsregister erkrankten 2007 in Hamburg 1388 Frauen neu an diesem Krebs, im selben Jahr sind 378 daran gestorben.

Wenn eine Frau mit einem Knoten zum Arzt kommt, wird die Diagnose meist schnell gestellt, mithilfe der Mammografie, des Ultraschalls und einer Gewebeprobe in örtlicher Betäubung. Bestätigt sich der Krebsverdacht, werden weitere Untersuchungen durchgeführt, um festzustellen, ob der Tumor bereits gestreut hat. Am Anfang der Therapie steht die Operation: "Wenn es ein kleiner Tumor ist, operieren wir brusterhaltend und entfernen auch den ,Wächterlymphknoten', in den der Tumor zuerst Krebszellen streuen kann", sagt Privatdozentin Dr. Ursula Scholz, 44, Leiterin des Brustzentrums am UKE. Dieser Lymphknoten wird durch ein Markierungsverfahren sichtbar gemacht. Wenn er nicht von Krebszellen befallen ist, müssen auch keine Lymphknoten aus der Achselhöhle entfernt werden.

Eine neue Methode, die auch im UKE-Brustzentrum angewandt wird, ist die intraoperative Strahlentherapie. "Bei Tumoren, die bis zu drei Zentimeter groß sind, können wir die ,Boost'-Bestrahlung zwischen 20 und 35 Minuten anbieten. Sie erspart der Patientin nach der OP zehn Tage der sonst achtwöchigen Strahlentherapie. Und mit dieser Methode wollen wir auch das Risiko senken, dass an der gleichen Stelle erneut ein Tumor wächst", sagt Prof. Cordula Petersen, Klinikdirektorin der Strahlentherapie. Jetzt wird in Studien geprüft, ob bei Frauen, die älter als 65 sind und kleine, langsam wachsende Tumoren haben, nach der intraoperativen Bestrahlung vielleicht sogar ganz auf die bisherige weitere Strahlentherapie verzichtet werden kann.

Was viele Frauen am meisten fürchten, ist der Verlust einer Brust. "Doch wir können mittlerweile um die 80 Prozent der Patientinnen brusterhaltend operieren. Das ist auch bei größeren Tumoren noch möglich, wenn es uns gelingt, den Tumor vor der OP durch eine Chemotherapie zu verkleinern", sagt Oberärztin Scholz.

Nach der OP ist oft eine Chemotherapie nötig, die meist ein halbes Jahr lang gegeben wird. Aber nicht bei jeder Frau ist sie erforderlich. "Das ist abhängig vom Alter der Patientin und von den Charakteristika des Tumors. Am meisten profitieren jüngere Frauen mit aggressiven Tumoren von der Chemotherapie", sagt Jänicke. Es gibt Faktoren, anhand derer man das Risiko einer späteren Bildung von Metastasen (Tochtergeschwülsten) abschätzen kann. Als Beispiel nennt der Gynäkologe die Gentests am Krebsgewebe, mit denen sich anhand bestimmter Eigenschaften des Tumors hochrechnen lässt, wie hoch das Risiko einer Metastasenbildung in den folgenden zehn Jahren sein wird: "Da müssen Nutzen und Risiken der belastenden Chemotherapie in einem sinnvollen Verhältnis stehen."

An die Chemotherapie schließt sich die Strahlentherapie an. Dann wird in vielen Fällen noch eine weitere Behandlung verordnet, die sich gegen spezielle Merkmale des Tumors richtet. "So können wir eine antihormonelle Therapie ansetzen, wenn der Tumor Rezeptoren für Östrogen besitzt, oder den Antikörper Herceptin geben, wenn die Tumorzellen den Rezeptor HER2/neu auf der Oberfläche tragen", sagt Jänicke. Diese Medikamente sollen das Wachstum des Krebses verhindern.

Jetzt gibt es auch ein neues Medikament, das viele als "Superherceptin" bezeichnen. Dabei ist an das Herceptin eine Chemotherapie angedockt, die man normalerweise allein gar nicht geben kann, weil sie zu starke Nebenwirkungen hätte. Mit der Kopplung an Herceptin gehen diese Wirkstoffe aber nur in die Krebszellen hinein, die den HER2/neu-Rezeptor haben. "Dadurch wirkt die Chemotherapie in der Zelle selbst, und es ist erstaunlich, wie gut diese Therapie vertragen wird und wie wirksam sie ist", betont Jänicke. Diese Behandlung wird noch in Studien getestet.

Nach der Therapie werden die Frauen in der Nachsorge betreut: "In den ersten drei Jahren müssen sie alle drei Monate zur körperlichen Untersuchung kommen, in sechsmonatigen Abständen wird die erkrankte Brust mit einer Mammografie und dem Ultraschall untersucht und einmal pro Jahr die gesunde Seite", erklärt Scholz.

Die Heilungschancen bei Brustkrebs haben sich enorm verbessert. "Heute sind 70 bis 80 Prozent heilbar. Aufgrund neuer Behandlungsmethoden überleben viel mehr Frauen diese Erkrankung trotz Befall mehrerer Achsel-Lymphknoten als noch vor zehn, zwanzig Jahren. Auf der anderen Seite steigt die Zahl der Tumoren, die wir in sehr frühen Stadien entdecken."

Kommt es trotz der Therapien zum Rückfall des Tumors in der operierten Brust, muss es nicht in jedem Fall zu einer Entfernung der Brust kommen. "Dank der intraoperativen Bestrahlung reicht die alleinige Entfernung des Tumorknotens aus", sagt Scholz. Ob nach einem Rückfall eine Chemotherapie notwendig wird, hängt davon ab, wie aggressiv der Tumor ist. In den meisten Fällen wird eine antihormonelle Therapie durchgeführt.