Spezialisten informierten Abendblatt-Leser über moderne Methoden der Brustkrebs-Früherkennung. Chancen für vollständige Heilung gut.

"In welchem Alter hätte ich mit der Früherkennung beginnen müssen?" "Welche Methode der Früherkennung wäre die beste gewesen?" Nach wenigen Fragen aus dem Publikum wird deutlich, dass die meisten der Zuhörerinnen der Abendblatt-Aktion zum Thema Brustkrebs bereits betroffen sind: Diagnose Brustkrebs. Viele sind verunsichert. Dr. Martina Dincel, Fachärztin für Gynäkologie mit dem Schwerpunkt Mammadiagnostik und Senologie bei der Hanserad Radiologie, und Dr. Michael Bonacker, Facharzt für Radiologie und Konsiliararzt am Johanniter-Krankenhaus Geesthacht und am Bethesda-Krankenhaus Bergedorf, gaben den Teilnehmerinnen Informationen zu Diagnose und Verlauf ihrer Krankheit - und Ratschläge, die sie ihren Töchtern geben können. Dorothee von Werder, 65, ist 2010 an Brustkrebs erkrankt. Sie betont: "Wir müssen offen sprechen und unsere Erfahrungen und Erkenntnisse an die nächste Generation weitergeben". Doch Abendblatt-Leserin Helga Holst, 69, vermutet: "Brustkrebs ist nach wie vor ein Tabuthema, das man lieber für sich behält." Das erschwere nicht nur den Umgang der Betroffenen mit der Krankheit, sondern untergrabe auch die nötige Sensibilität für die hohe Bedeutung der Vorsorge.

Dr. Martina Dincel beschreibt, warum die Früherkennung so wichtig ist: Eine Diagnose in frühen Stadien ist mit besseren und schonenderen Behandlungsmöglichkeiten verbunden. Die Chancen für eine brusterhaltende Operation und vollständige Heilung steigen, eine Chemotherapie ist seltener notwendig.

Als erstes Indiz bei der Selbstuntersuchung gilt der Knoten in der Brust. Weitere Symptome sind eingezogene Brustwarzen, Absonderungen aus einer Brustwarze, Verdichtungen oder Verhärtungen in der Achselhöhle, kleine punktförmige Grübchen, nicht abklingende Hautrötungen und einseitige brennende Schmerzen. Neben dem üblichen Mammografie-Screening und der Ultraschall-Untersuchung, im Fachjargon Sonografie, stellte Dr. Michael Bonacker die Möglichkeiten der MR-Mammografie vor. Untersucht wird die Brust mittels eines Kernspintomografen in einer elektromagnetischen Schichtuntersuchung. Die Patientin liegt bäuchlings in einer Magnetröhre auf einer Untersuchungsliege mit zwei speziellen Vertiefungen für die Brüste. Wichtig für Trägerinnen von Implantaten: Die Brüste werden nicht komprimiert.

Als Nachteile der MR-Mammografie benennt Dr. Bonacker relativ lange Untersuchungszeiten und die Abhängigkeit der Interpretation der Ergebnisse vom Untersuchenden. Patientinnen mit Herzschrittmacher können diese Methode nicht nutzen. Außerdem vermag sie keinen Mikrokalk, mögliche Abbildung einer Vorstufe der Erkrankung, abzubilden. Als Vorteile der MR-Mammografie benennt Dr. Michael Bonacker die röntgenstrahlungsfreie Untersuchung. Als Vorsorgeuntersuchung ohne Vorerkrankung ist die MR-Mammografie von gesetzlichen Krankenversicherungen nicht anerkannt. Wer sich trotzdem für die MR-Mammografie entscheidet, zahlt zwischen 500 und 600 Euro.

Die beiden Ärzte betonen, dass weder klassische noch MR-Mammografie, noch Sonografie für sich allein perfekte Methoden seien. Die optimale Brustkrebsfrüherkennung wird an die individuellen Bedürfnisse der Patientin angepasst, Pauschalratschläge sind nicht möglich. Statistisch erkrankt jede neunte Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs, doch das Risiko ist individuell sehr unterschiedlich. Die Wahrscheinlichkeit, im Alter von 50 bis 69 an Brustkrebs zu erkranken, beträgt 1:20. Die Wahrscheinlichkeit, wenn Verwandte ersten Grades betroffen sind, bereits 1:10. Bei genetischer Vorbelastung kann das Risiko so hoch sein, dass eine präventive Entfernung der Brustdrüsen erwogen wird.

Sport, eine ausgewogene Ernährung und hormonelle Einflüsse durch beispielsweise lange Stillzeiten wirken risikosenkend. Verunsicherten Patientinnen rät Dr. Michael Bonacker zunächst: "Nicht unnötig nervös machen lassen!" Das meint auch Nicole Ruppel, 32: "Ich habe nie einer Risikogruppe angehört, also war das Thema damit für mich erledigt. Nach einem Sturz wurde wegen einer Quetschung meiner Brust der Krebs zufällig festgestellt. Wer weiß, wie er sich sonst noch entwickelt hätte. Mein Rat: Vorsorge ernst nehmen, aber sich nicht verrückt machen."