Ein Kommentar von Achim Leoni

Ein Werk von 396 Seiten sollte zumindest spannend sein, wenn es gelesen werden will. Das sogenannte Bid Book, mit dem München heute für die Olympischen Winterspiele 2018 kandidiert, dürfte diese Voraussetzung nicht erfüllen. Es beantwortet 17 Fragen zu verschiedensten Themen von Doping bis Verkehr. Die wichtigste aber, die spannendste Frage, ist ausgeklammert: Wie wird der Grundstücksstreit zwischen der Bewerbungsgesellschaft und den widerspenstigen Bauern von Garmisch-Partenkirchen gelöst?

Die olympischen Wahlkämpfer haben ihre Rechnung offenbar ohne die Landwirte gemacht. Das könnte am Ende trotz noch so überzeugender Konzepte den Ausschlag gegen die Münchner geben. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) wird sich schwerlich von einem Großprojekt überzeugen lassen, von dem nicht einmal die einheimische Bevölkerung überzeugt werden konnte. Es sind nämlich nicht nur 63 Garmischer Wutbürger, die es umzustimmen gilt. Der Bevölkerung insgesamt scheint es laut Umfragen an olympischem Feuer für die Winterspiele zu fehlen.

In sieben Wochen will die IOC-Evaluierungskommission sich selbst vor Ort ein Bild machen. Bis dahin müssen die Ring-Kämpfer der Opposition die Hand gereicht haben. Durch Enteignung Land für die Spiele zu gewinnen würde die Kritiker sicher nicht verstummen lassen. Ein solches Verfahren würde auch einer grundlegenden Idee der olympischen Charta zuwiderlaufen: der Förderung einer friedlichen Gesellschaft.