Ahlhaus und Scholz einig beim Abendblatt-Empfang : Mehr Wachleute in U- und S-Bahnen, kein Sparen bei der Kultur

Hamburg. Es war ein Höhepunkt des beginnenden Bürgerschaftswahlkampfes: Beim 23. Neujahrsempfang des Abendblatts trafen sich Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) und sein Herausforderer Olaf Scholz (SPD) in den Messehallen zum Wahlgipfel. Dabei offenbarten die beiden Politiker verblüffende Übereinstimmungen - ein Hauch von Großer Koalition wehte durch die Halle 2, die passend zum Motto "Wald der Visionen" mit Bäumen dekoriert war.

Einig waren sich Ahlhaus und Scholz vor mehr als 900 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft darin, dass sie weder bei der Polizei noch im Bereich Schule oder bei der Kultur sparen wollen. Und sie sagten zu, im Falle eines Wahlsieges die Sicherheit auf U- und S-Bahnhöfen durch mehr Personal zu verbessern, wie es Abendblatt-Chefredakteur Claus Strunz in seiner Begrüßungsrede angesprochen hatte.

Einig waren sich die beiden auch darin, dass Politiker stärker auf die Interessen der Bürger hören müssen, ohne ihnen allerdings nach dem Mund zu reden. Die Erfahrung des Volksentscheids zur Primarschule wirkt nach.

Doch beim Thema Stadtbahn gab es klare Unterschiede. Während Ahlhaus dieses Verkehrsmittel für Hamburg befürwortet, falls es finanzierbar sei und die Unterstützung der Bürger finde, sprach sich Scholz so deutlich wie nie zuvor gegen das Projekt aus. "Ich sehe im Augenblick keine Perspektive für die Stadtbahn", sagte der SPD-Bürgermeister-Kandidat und sorgte damit für Entsetzen zumindest bei den Gästen mit dem Parteibuch des möglichen Koalitionspartners GAL. "Ich habe das Gefühl, dass sich Herr Scholz mit den Notwendigkeiten des öffentlichen Nahverkehrs in Hamburg nicht ausreichend beschäftigt hat", sagte GAL-Spitzenkandidatin Anja Hajduk.

Für einen Überraschungscoup sorgte Ahlhaus, der Claus Strunz während der Diskussion das Ringel-T-Shirt überreichte, das ihm im Sommer eine heftige Stilkritik des Abendblatts eingetragen hatte. Es soll jetzt für einen guten Zweck versteigert werden.

Zum traditionellen Neujahrsempfang war auch die Bundespolitik nach Hamburg gekommen. Das schwarz-gelbe Kabinett vertraten Bundesaußenminister Guido Westerwelle, Gesundheitsminister Philipp Rösler, Entwicklungsminister Dirk Niebel (alle FDP) und Forschungsministerin Annette Schavan (CDU), von den Grünen kam Parteichef Cem Özdemir.

Westerwelle nutzte sein Grußwort für einen Appell zur Freilassung der im Iran inhaftierten Reporter von "Bild am Sonntag". "Die Solidarität mit diesen beiden Journalisten ist nicht nur eine Angelegenheit eines Verlages", sagte der Außenminister. Der Fall sei "ein Kernanliegen aller demokratischen Bürger, die wissen, wie wichtig Pressefreiheit für Meinungsfreiheit ist".