Ein Kommentar von Klaus Witzeling

Den grünen deutschen Wald haben Zuschauer in modernen "Freischütz"-Inszenierungen schon immer schmerzlich vermisst. Nun tröstet sie der Opernfilm nach Carl Maria von Webers romantischem Singspiel mit üppigem Forst-Dickicht und Jägerchor unter freiem Himmel. Und Webers Werk verkommt zu einem Soundtrack für malerische Wald-und-Wiesen-Panoramen.

Bekanntlich geht es auf der Bühne um Kunst und nicht um Natur. Komponisten entwerfen musikalische Seelenlandschaften, in denen sich soziale Konflikte und emotionale Widersprüche abspielen. Da erübrigen sich wirklichkeitsgetreue Bühnenbilder, wie sie das Meininger Hoftheater anno 1870 in Mode brachte. Insofern sind "Aida" am Nilufer, "Tosca" auf der Engelsburg und "Carmen" vor der Stierkampfarena in Sevilla vielleicht schön anzusehen - aber rettungslos retro, mehr touristisches Vergnügen als ernsthaftes Kunsterlebnis.

Letztlich machen Opernfilme aus Kinogängern auch keine Musiktheater-Fans: Sie erreichen weder inhaltlich noch actionmäßig zeitgemäße Standards. Außerdem fesseln Sänger in Großaufnahme nur selten. Theater wirkt nun einmal stärker im Atem des Bühnenerlebnisses.

Und wer Bäume in natura sehen will, ist mit einem Ausflug in den Sachsenwald besser bedient. Ist erholsamer als ein Opernfilm - und billiger.