Das Schicksal der Fünfjährigen bewegte Hunderte Hamburger

Als Michelle am vergangenen Dienstag in den Kindergarten ging, war es für sie ein ganz normaler Tag. Die Fünfjährige und ihre Freundinnen in der Sonnenscheingruppe spielten wie immer. Dass Michelle kurz zuvor einen Sprung gemacht hatte und um fünf Zentimeter gewachsen war, lag an den neu angepassten Beinprothesen. Im Gegensatz zu früher gibt es keine Probleme mit der Umstellung. Und dass die rechte Hand fehlt, hindert am fröhlichen Alltag nicht. Michelle hat gelernt, mit dem Handicap klarzukommen. Entsprechend groß ist die Vorfreude auf die kommenden festlichen Tage: erst Weihnachten - und am 1. Januar der sechste Geburtstag.

Eigentlich hatte Michelle auch am vergangenen Dienstag Anlass, Geburtstag zu feiern. Denn am 7. Dezember 2006 schien es, als habe ihre letzte Stunde geschlagen. Am Nikolaustag fieberte das Kind, bekam Schüttelfrost. Am folgenden Nachmittag musste der Kinderarzt eine niederschmetternde Diagnose übermitteln: Michelle war an Meningokokken-Meningitis erkrankt. Wenn man so will: aus heiterem Himmel. Denn zuvor hatte es keinerlei Anzeichen für diese lebensgefährliche Krankheit gegeben. Mit einem Notarztwagen wurde Michelle auf die Intensivstation des UKE gebracht. Schonend wurde Michelles Mutter erklärt, dass diese Krankheit in der Regel tödlich verlaufe - binnen sechs Stunden.

"Was dann noch alles gesagt wurde, bekam ich nicht mehr mit", erinnert sich die Mutter. "Ich konnte das alles nicht begreifen." Nach eineinhalb Wochen wurde die Kleine aus dem Koma erweckt. Zwar mussten beide Unterbeine und die rechte Hand amputiert werden, doch war ansonsten ein kleines Wunder geschehen: Geistig und seelisch war alles intakt. "Gott sei Dank", sagte Michelles Mutter, "dennoch steht unserer Familie eine harte Zeit bevor."

Das zweite Wunder vollbrachten die Abendblatt-Leser. Nach einem Bericht über Michelles Schicksal am 24. Februar 2007 reichten Hunderte der kleinen Hamburgerin ihre helfende Hand. Im übertragenen Sinne: Großzügige Spenden trugen dazu bei, Michelles Leben auf neue, feste Gleise zu stellen. Mit dem Ergebnis, dass die Fünfjährige nunmehr ein vollwertiges, fröhliches Mitglied der Sonnenschein-Gruppe ist. Dazu trug ein "Geschenk" besonderer Güte bei: Am 15. August kam Schwester Lilly Marlen zur Welt.