Jochen Bäumel, 70, ist Vorstandsmitglied von Transparency International Deutschland.

1. Hamburger Abendblatt:

Ihre Organisation Transparency International hat für viele Länder wachsende Schmiergeldzahlungen festgestellt. Woran liegt das?

Jochen Bäumel:

In vielen Ländern zahlen Menschen Schmiergelder, um Bildung für ihre Kinder zu bekommen, als Schutz vor Rechtswillkür oder um Behördenleistungen in Anspruch nehmen zu können. In rohstoffreichen Staaten lassen sich häufig Eliten und Regierungen beim Verkauf der Bodenschätze schmieren. Generell zahlen die armen Menschen in den Entwicklungsländern den höchsten Preis für Korruption.

2. Nimmt die Korruption denn Ihrer Meinung nach auch in Deutschland zu?

Bäumel:

Die teils gestiegenen Werte, die wir für Deutschland ausweisen, zeigen zunächst vor allem eins: Das Problem der Korruption und die Notwendigkeit, sie zu bekämpfen, dringen immer mehr in das öffentliche und private Bewusstsein ein. Das führt letztlich zu mehr Aufklärung von Korruptionsfällen. Je mehr Ermittler und Informationen die Justizbehörden zur Verfügung haben, desto mehr Fälle klären sie auf.

3. Die deutsche Polizei und Justiz werden im Korruptionsreport dennoch gut bewertet.

Bäumel:

Wir sind ein Rechtsstaat. Die Justiz- und Polizeibehörden, die dafür arbeiten, sind fest eingebettet in diese Gesellschaft, ihre Moralvorstellungen und Ethik. Darüber können wir froh sein.

4. In Deutschland gibt es bereits eine Reihe von Sonderstaatsanwaltschaften, die gegen Korruption vorgehen. Wie bewerten Sie deren Arbeit?

Bäumel:

Außerordentlich positiv. Gerade bei der Wirtschaftskriminalität, die schwerwiegt, braucht man Spezialisten, die sich zum Beispiel im Steuer- oder Wettbewerbsrecht auskennen.

5. Was hilft gegen die Korruption, mal abgesehen von den Instrumenten der Justiz?

Bäumel:

Bereits die schulische Bildung ist sehr wichtig. Die jungen Menschen brauchen eine klare Vorstellung davon, was richtig oder falsch ist. Unverzichtbar sind auch unabhängige Medien, die über Korruption berichten.