SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz sagt, was er nach einem Wahlsieg ändern möchte - und mit wem. Es soll einen bürgernahen Wahlkampf geben.

Hamburg. Seine Partei liegt in den Umfragen vorn, er selbst in der Frage nach dem Wunsch-Bürgermeister der Hamburger weit vor Amtsinhaber Christoph Ahlhaus (CDU). Im Interview mit dem Abendblatt spricht SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz über Rot-Grün, Rot-Rot-Grün, die Stadtbahn und den Haushalt.

Hamburger Abendblatt:

Herr Scholz, haben Sie schon einen Fototermin bei der "Bunten"?

Olaf Scholz:

Nein. Warum sollte ich auch?

Bürgermeister Ahlhaus inszenierte sich und seine Frau in der Glamour-Zeitschrift, auch eine Art der politischen Auseinandersetzung. Wie sehen Sie im Vergleich dazu Ihre Rolle als Bürgermeisterkandidat?

Scholz:

Was die Inszenierung in der "Bunten" betrifft, will ich mich jeden Kommentars enthalten. Es muss jeder wissen, was er für richtig oder falsch hält. Ich glaube, dass die Hamburger Sehnsucht haben nach Seriosität, Verlässlichkeit und mehr Pragmatismus. Sie erwarten, dass man Politik nicht mit Glamour verwechselt.

Und solange Sie das tun und die Konkurrenz Fehler macht, müssen Sie nur abwarten, dass Ihnen das Bürgermeisteramt quasi in den Schoß fällt?

Scholz:

Nein, wir werden einen sehr aktiven, bürgernahen Wahlkampf machen. Wir sind beeindruckt von den Umfragewerten, die uns vorhersagen, dass wir auf rund 40 Prozent hoffen dürfen. Das ist sehr viel. Es wäre aber auch gut, wenn die SPD ein sehr deutliches Votum der Bürger für eine vernünftige Politik erhielte.

Damit es für Rot-Grün reicht. Warum haben Sie so früh öffentlich auf diese Koalition gesetzt?

Scholz:

Rot-Grün ist die nächstliegende Konstellation. Da passen die meisten Dinge zusammen.

Manche Grüne erinnern sich mit Grausen an die rot-grüne Koalition Ende der 90er-Jahre, an die Machtarroganz der SPD. Was ist der Unterschied zwischen der SPD 2001 und 2011?

Scholz:

Die Hamburger SPD ist eine Partei, die aus der Oppositionszeit gelernt hat. Eine, die gut vorbereitet ist, wenn sie wieder in Regierungsverantwortung kommt. Aber es geht jetzt für die SPD nicht darum, sich hübsch zu machen für andere, sondern die Wähler zu überzeugen.

Und wenn es für Rot-Grün nicht reicht, machen Sie Rot-Rot-Grün?

Scholz:

Alle Umfragen sagen, es wird für Rot-Grün reichen.

Schließen Sie Rot-Rot-Grün in Hamburg aus?

Scholz:

Das ist aus meiner Sicht keine Option, die in Hamburg ansteht. Und es ist auch keine Option, die ich mir wünsche.

Also schließen Sie es nicht aus?

Scholz:

Wenn ich sage, meine Option ist - falls die SPD nicht alleine regieren kann, was ja ein ganz großartiger Wahlerfolg wäre - Rot-Grün, dann meine ich das auch so. Rot-Rot-Grün ist für unsere Stadt keine Perspektive. Dazu wird es mit mir nicht kommen.

Reden wir über Inhalte. Würden Sie am Kurs der Haushaltskonsolidierung des jetzigen Senats festhalten?

Scholz:

Der jetzige Senat hat lediglich einen Kurs der Haushaltskonsolidierung angekündigt, ihn aber nicht beschritten. Tatsächlich beschränkt sich seine Konsolidierungsidee darauf, das Weihnachtsgeld für Beamte zu kürzen und Gebühren zu erhöhen.

Würde ein SPD-Senat die Kürzung des Weihnachtsgelds für Beamte zurücknehmen?

Scholz:

Wir könnten jetzt eine lange Liste mit möglichen Rücknahmen von Sparbeschlüssen durchgehen. Aber ich finde das nicht seriös angesichts einer Haushaltslage, die völlig unabsehbar ist. Viel wichtiger ist, dass man immer sparsam haushaltet. Wer das macht, muss auch nicht unseriöse Politik durch Sparmaßnahmen korrigieren.

Trotzdem noch einmal konkret: Würden Sie die Erhöhung der Kita-Gebühren zurücknehmen?

Scholz:

Die Kita-Gebühren sind in Hamburg zu hoch und sie müssen korrigiert werden. Mein Ziel ist es, dass wir für das Angebot, auf das die Eltern einen Rechtsanspruch haben, also fünf Stunden am Tag, keine Gebühren erheben. Nicht über Nacht, aber schrittweise sollte die Grundleistung gebührenfrei werden.

Wie wollen Sie das finanzieren?

Scholz:

Das muss Stück für Stück aus dem Haushalt erarbeitet werden. Es ist nötig, weil wir wissen, was sonst am Ende der langen Bildungskette herauskommt: Ein Fünftel jeder Generation bleibt ohne Berufsabschluss, ist also selbst auf einem Arbeitsmarkt mit Fachkräftemangel ohne Chancen.

Wollen Sie trotzdem an der freiwilligen Schuldenbremse festhalten, die der CDU-Senat 2007 beschlossen hat und die schon ab 2013 gelten soll?

Scholz:

Das Ziel ist es, sehr schnell keine neuen Schulden mehr zu machen. Hamburg sollte sich ein Vorbild daran nehmen, wie der damalige Präsident Clinton den amerikanischen Haushalt in zwei Amtszeiten saniert hat. Er hat mit dem Kongress einen Vertrag geschlossen, wonach jede Mehrausgabe durch eine Minderausgabe an anderer Stelle oder durch Mehreinnahmen gedeckt sein muss - und zwar in demselben Gesetz. Wenn wir dieses Prinzip "pay as you go" auch in Hamburg durchhalten, werden wir, nicht über Nacht, aber mit Beharrlichkeit, einen sanierten Haushalt bekommen.

Wie erklären Sie den Menschen in Steilshoop und Bramfeld, dass die Stadtbahn eventuell doch nicht gebaut wird, obwohl die SPD es den Anwohnern seit Jahren versprochen hatte?

Scholz:

Natürlich ist es notwendig, dass wir den schienengebundenen Nahverkehr weiterentwickeln. Natürlich ist es dringend erforderlich, dass wir den bisher nicht angebundenen Stadtteilen ein ordentliches Nahverkehrsangebot machen. Trotzdem müssen wir Fragen der Bürger hinsichtlich der Trassenführung und Finanzierung ernst nehmen. Ich bin überzeugt, dass die meisten Hamburger mindestens so schlau wie ihre Politiker sind und genau abwägen können.

Würden Sie das schon laufende Planfeststellungsverfahren stoppen?

Scholz:

Es kann überhaupt nicht losgehen mit dem Bau der Stadtbahn, bevor ein Bürgerbeteiligungsverfahren, wie es jetzt angekündigt ist, beendet ist. Man kann nicht in der Bürgerschaft etwas beschließen, wenn man den Bürgern sagt, man wolle erst mal hören, was sie für Bedenken haben. Dabei kann ja auch herauskommen, dass andere Trassen viel besser und die Bedenken hinsichtlich der Finanzierung berechtigt sind. Politik, die meint, durchziehen sei cool, irrt sich.

Nach dem Rücktritt von Ole von Beust haben Sie gesagt, ein SPD-Bürgermeister müsse versprechen, dass er nicht vorzeitig abtritt. Versprechen Sie, dass Sie im Falle Ihrer Wahl vier Jahre im Amt bleiben werden?

Scholz:

Aber klar.