Alle kaufen die Reifen auf den letzten Drücker. Daher sind einige Modelle ausverkauft, Termine in der Werkstatt sind nur schwer zu bekommen.

Hamburg. Es ist wie mit Weihnachten. Kurz vor dem Fest fällt den meisten Menschen plötzlich ein, dass sie noch Geschenke kaufen müssen. Und genauso überrascht sind viele Autofahrer, wenn plötzlich Winter ist und der erste Schnee fällt - ihr Fahrzeug aber noch keine Winterreifen hat. In Hamburgs Autowerkstätten war das am Freitag zu spüren: Massen von Hamburgern wollten noch schnell einen Termin zum Reifenwechsel. Doch diesen gibt es in vielen Werkstätten erst wieder in zwei Wochen. Und wer einen bestimmten Winterreifen möchte, kann Pech haben. Manche Modelle sind ausverkauft.

In diesem Winter gilt erstmalig eine Winterreifen-Pflicht. Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- und Reifglätte dürfen Autofahrer von kommender Woche an nur mit Winter- oder Ganzjahresreifen fahren. Das gilt auch für Motorräder. Ausgenommen sind Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft. Der Bundestag stimmte am Freitag einer entsprechenden Verordnung zu. "Sobald der erste Schnee fällt, ist Land unter", sagt Annika Lewitzka von Raffay am Wiesendamm in Winterhude. Die Werkstatt sei gut ausgelastet, die Radwechselsaison in vollem Gange. "Die Nachfrage nach Winterreifen ist größer als das Angebot."

Zehn bis 15 Autofahrer pro Tag bringen ihre Fahrzeuge seit vier Wochen in die Pit-Stop-Filiale an der Eppendorfer Martinistraße zum Reifenwechseln. Wer jetzt anruft, bekommt einen Termin frühestens am Montag, 13. Dezember.

Von regelrechtem Telefonterror spricht Vulkaniseurmeister Frank Lübbe von Reifen Helm an der Eiffestraße in Hamm-Mitte. "Das Telefon klingelt ununterbrochen, die Leute wollen jetzt sofort ihre Winterreifen draufhaben." Das kennt er aus den vergangenen Jahren. Doch die Helm-Filiale ist komplett bis Ende nächster Woche ausgebucht. "Es ist jedes Jahr das Gleiche. Fällt der erste Schnee, fällt den Leuten ein, dass sie noch Winterreifen brauchen." Ganz schwierig sei es, Reifen für Kleintransporter zu bekommen. "Die gibt es gar nicht mehr oder nur zu horrenden Preisen", sagt Lübbe. Für einen Reifen, der üblicherweise 150 Euro kostet, werden jetzt teilweise bis zu 230 Euro verlangt.

"Die Reifenhersteller haben die Preise kräftig erhöht. Wir haben damit zu kämpfen, weil wir unsere Kunden ja zufriedenstellen wollen", so Lübbe. Von der Industrie gäbe es keine Winterreifen mehr "oder in Größen, die kein Mensch braucht." Die Reifenhersteller produzierten bereits Sommerreifen. Die gängigen Größen für Golf, Passat, Audi oder Mercedes seien ausverkauft. Sein Tipp: alternativ wenigstens auf Ganzjahresreifen umsteigen. "Wenn man nicht viel und keine langen Strecken fährt, sondern nur zum nächsten Supermarkt, ist der ausreichend."

Wer noch keinen Winterreifen hat, wird aber auf jeden Fall noch einen bekommen können. "Bei den Reifenmodellen, die in den Tests als Sieger hervorgegangen sind, kann es Engpässe geben. Die Leute dürfen sich nicht auf das beste Modell versteifen", sagt Carsten Willms vom Automobil-Club ADAC. Auch er beobachtet diese Unruhe, wenn der erste Schnee fällt: "Dann werden die Leute hektisch und wollen innerhalb von einer Stunde Winterreifen haben." Aber wer sich erst spät um die passende Bereifung kümmert, muss unter Umständen viel mehr Geld ausgeben. Denn die Preisunterschiede seien zum Teil immens. "20 Prozent Unterschied ist noch gar nichts", so Willms. Die Preise steigen teilweise sogar um 30 oder 40 Prozent an.

Am besten sei es, die Händler abzutelefonieren und die Preise zu vergleichen, rät der ADAC. Wichtig: jetzt aktiv werden und darauf achten, dass der Reifen aus der aktuellen Produktion und nicht älter als zwei Jahre ist, weil er ansonsten porös sein könnte. "Am besten hält man das im Kaufvertrag fest", so ADAC-Fachmann Willms.

Er empfiehlt ein Mindestprofil von vier Millimetern. Dieses sorgt für wesentlich besseren Halt und kürzere Bremswege auf winterlichen Straßen als die vorgeschriebene Profiltiefe von 1,6 Millimetern.