Ein Kommentar von Jan Freitag

Es war ein Moment der Wahrheit, den man Thomas Gottschalk nicht zugetraut hätte. "Ist wie bei Raab", sagte er am Sonnabend, "dauert ewig, aber die Leute gucken." Allerdings immer weniger. Nur 8,4 Millionen waren dabei, als der Moderator aufs Neue zeigte, dass er sich längst für jene Show hält, die er nur moderiert.

Volle drei Stunden wurde mal wieder an irgendwas geleckt (Kakteen), mit irgendwem Rennen gefahren (Modellauto), irgendwelche Stars beworben statt interviewt (Denzel Washington), und in jeder dieser quälenden 10 800 Sekunden fragte man sich, ob man nicht doch umschaltet.

Andy Borg und Dieter Bohlen wissen wenigstens, für wen es sie gibt: Greise oder große Jungs. Gottschalk dagegen glaubt, für alle da zu sein, füttert die kreischenden Gören in der Halle mit arroganter PR der Teeniequeen Miley Cyrus und klopft seinem ältlichen Zielpublikum mit Herrenwitzen über Heesters und Michelle Hunzikers Minirock ein Lachen aus dem Sakko. Und merkt nicht mal, wie ihn die Mittelschicht selbst verspottet: "Ach was ...", kommentierte Lena in ihrer Heimatstadt ironisch die Wette, Nico Haddad könne in zwei Minuten 1000 Kerzen auspusten. Den hätte man dann immerhin fragen können, was bei ihm im Wendland gerade so los ist. Wozu ist man eigentlich Live-Show? "Wetten, dass ..?" aber wirkt wie eine Konserve seiner selbst. Und die sind ja selten so richtig bissig.