Langsame Bürokratie stößt den Kaufleuten um Chen Mang negativ auf. Zudem wird eine direkte Flugverbindung nach Asien gefordert.

Hamburg. Zwar ist Hamburg schon seit den 1980er-Jahren Chinas Außenhandelszentrum in Europa. Aber die Hansestadt könnte und sollte mehr tun, um Unternehmen aus dem asiatischen Riesenreich anzuziehen, meint Chen Mang , Chef der Hamburger Firma Caissa Touristic und Vorsitzender der Vereinigung der chinesischen Kaufmannschaft in Deutschland. "Seit drei bis vier Jahren investieren Chinesen aber mehr und mehr in andere Branchen wie in Dienstleistungen und Industrie, und dabei entscheiden sie sich häufig für Standorte in Bayern, in Westdeutschland oder in der Frankfurter Region", sagt Chen.

Einer der Gründe dafür: Hamburg sei "sehr konservativ", wenn es etwa darum gehe, die behördlichen Genehmigungen für die Einstellung einer chinesischen IT-Fachkraft zu erhalten: "Das dauert in Hamburg sechs bis acht Monate länger als in München." Die Einrichtung des Hamburg Welcome Centers, das Neubürgern Unterstützung anbietet, sei allerdings ein Schritt in die richtige Richtung.

Mit einer direkten Flugverbindung zwischen Hamburg und Asien würden jedoch noch mehr chinesische Investoren in die Stadt kommen, so Chen. Generell sei zudem der Mangel an Gewerbeflächen eine der Schwächen Hamburgs, ergänzte der Präses der Handelskammer, Frank Horch.

Von der Wirtschaftsbehörde hieß es zu der Kritik Chens an der angeblich schwerfälligen Bürokratie, hier müsse es sich um Einzelfälle handeln: "Wir sind uns der Bedeutung chinesischer Unternehmen für die Stadt durchaus bewusst." Mit 450 Firmen aus China nimmt die Stadt die Spitzenstellung in Europa ein. Auch wenn der dramatische Einbruch des Umschlags mit Containern aus und für China im Hamburger Hafen im vergangenen Jahr die Schattenseiten einer derart engen Wirtschaftsbeziehung gezeigt habe, sei die Entscheidung, so stark auf den Handel mit den Asiaten zu setzen, nicht falsch gewesen, sagt Horch.

Aktuell geht es jedenfalls wieder rasant nach oben: In den ersten sieben Monaten sind die deutschen Exporte nach China um 52 Prozent gewachsen, die Importe um 34 Prozent - und im Unterschied zu den USA ist Deutschlands Handelsbilanz gegenüber China positiv. Auch Hamburg könne an die früheren Zeiten zweistelliger Wachstumsraten im China-Handel nun wieder anknüpfen, so Horch. So hat der Umschlag im Hafen nicht zuletzt dank des starken China-Geschäfts um acht Prozent seit Jahresbeginn zugelegt.

Kompetenz bei Umwelttechnologien wird im China-Geschäft wichtig

Dabei könne die Metropolregion künftig auch einige standortspezifische Vorteile ausspielen, sagt Michael Westhagemann, Siemens-Chef für die Region Nord: "Im neuen Fünfjahresplan ist vorgesehen, dass sich China stark den Themenfeldern Klimaschutz und Umwelt zuwenden will." Die Weiterentwicklung der erneuerbaren Energien aber gehört zu den besonderen Kompetenzen des Standorts Hamburg.

Horch geht jedenfalls davon aus, dass China seine neue Rolle als Lokomotive der Weltwirtschaft auf absehbare Zeit weiterspielen kann. Dafür spreche die vorausschauende Wirtschaftspolitik der dortigen Regierung. Darüber hinaus verändert sich die Rolle des Landes: War man bisher die Werkbank der Welt, soll nun der Binnenkonsum gefördert werden, unter anderem durch höhere Löhne. "Derzeit umfasst Chinas Mittelstand schon etwa 180 Millionen Menschen", erklärt Westhagemann. "Ziel der Regierung ist es, diese Zahl auf 700 Millionen Menschen zu steigern."

Protektionismus könnte die Handelsbeziehungen mit China belasten

Allerdings sind die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Reich der Mitte keineswegs ungetrübt. Produktpiraterie ist zwar nach Angaben des Siemens-Managers "kein so dramatisches Thema mehr". Hier habe sich jedoch zuletzt unter anderem durch den Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation WTO vieles verbessert.

Dennoch sieht Handelskammer-Präses Horch die Gefahr, dass sich "protektionistische Bestrebungen" als Folge der Krise verfestigen. China solle den Weg der Marktöffnung weitergehen und Exportbeschränkungen wie etwa bei den sogenannten Seltenen Erden - das sind Rohstoffe, die für Hightech-Produkte wichtig sind - vermeiden. Und bei einer Verschärfung des Währungsstreits wären Hamburger Unternehmen die Leidtragenden, so Horch.

Anders als einige der zuvor genannten Schwierigkeiten findet sich das Thema der Menschenrechte nicht ausdrücklich auf der Agenda des "Hamburg Summit", eines hochrangig besetzten Kongresses, der Ende November stattfindet. "Das ist ein Wirtschaftskongress, und wir werden das Menschenrechtsproblem nicht hier in Hamburg lösen können", so Horch. Man weiche der grundsätzlichen Frage aber bei dieser Gelegenheit nicht aus. Auch Chen sieht die Menschenrechte nicht als Tabuthema: "Man sollte darüber offen miteinander sprechen."