Jahrzehnte beherrschte das Filmstudio Metro Goldwyn Mayer aus den USA die Filmindustrie. Doch nach zahlreichen Flops ist dieses jetzt pleite.

Mehr Sterne als am Himmel" hieß der Slogan, mit dem MGM lange für sich warb. Damals, in den 20er- bis 40er-Jahren, als MGM das bedeutendste Filmstudio war. Und eine Traumfabrik nicht nur für Hollywood oder für die USA, sondern für die ganze Welt.

Ob Hitchcocks "North by Northwest", in dem der verfolgte Cary Grant durch Maisfelder entkommt, Kubricks "2001", die Actionfilme über den berühmtesten Geheimagenten der Welt, "James Bond", Doris Day und Rock Hudson in "Bettgeflüster", bei dem man zum ersten Mal eine gesplittete Leinwand erleben konnte, oder die wirklich beste Komödie aller Zeiten, Billy Wilders "Manche mögen's heiß", sie alle stammen filmisch von MGM. Dort experimentierte man mit Technicolor und besaß Kinos, Musikstudios, Hotels und eine Fluggesellschaft.

MGMs Label, der brüllende Löwe, wurde mit dem ersten Löwen aufgenommen, der 1917 von einem Mr Phifer nach Amerika gebracht wurde. Rund 2000 Filme sind bei MGM entstanden, darunter auch die berühmtesten Musicals ("Singin' in the Rain"), Serien ("Der rosarote Panther"), Zeichentrickfilme ("Tom und Jerry") und TV-Serien ("Flipper"). Viele von ihnen transportierten jene Bilder, Illusionen, Mythen und Träume, die Millionen Menschen von Filmen erwarteten, weil sie mit ihnen ins Reich der Fantasie entkommen wollten: Schöne Menschen erleben schöne Geschichten inmitten schöner Ausstattung und zeigen den Zuschauern schöne Bilder ihres aufregenden Lebens. Einer der Gründerväter der Filmproduktionsgesellschaft, Louis B. Mayer, der für das zweite M im Namen steht, erklärte sein Credo einmal so: "Meine Devise heißt: großartige Stars, großartige Regisseure, großartige Drehbücher und großartige Besetzung. Wir sparen weder an Ausgaben noch an Zeit oder Mühe. Uns interessiert einzig das Ergebnis." Die Schauspielerin Ann Rutherford sagte damals: "Sobald man bei MGM unter Vertrag stand, hatte man das Gefühl, in Gottes Händen zu sein. Sie schauen nach dir, kümmern sich um dich." Und Drehbuchschreiber Leo Rosten schwärmte: "Hier dachten sie anders. Sie waren der Ansicht, dass man kreative und talentierte Leute nicht in eine Ordnung zwingen kann, sondern dass man eine Atmosphäre schaffen muss, in der sie aufblühen."

Und so wurde MGM die Heimat der ganz großen Hollywoodstars: Greta Garbo, Katharine Hepburn, Elizabeth Taylor, Clark Gable, Spencer Tracy und Cary Grant heißen nur einige der Sterne, die zu Legenden wurden. Wie später auch Marlon Brando, Steve McQueen oder Paul Newman.

Der Ausstatter Cedric Gibbons, der 32 Jahre für MGM arbeitete, prägte im Wesentlichen die Ästhetik und den Stil, der aus üppigen Showkostümen, edlen Stoffen und weiten Räumen bestand, die stets weich ausgeleuchtet wurden, damit keine harten Schatten entstehen.

MGM wurde 1924 als Zusammenschluss von Metro Pictures, Goldwyn Pictures und Louis. B. Mayer Pictures gegründet. Das war relativ spät in der Ära der großen Filmstudios, die bereits ab 1907 entstanden waren, weil die Kinobesitzer nach immer mehr und besseren Filmen verlangten. 80 Prozent aller Filme, die auf der Welt entstanden, wurden damals in Hollywood produziert, obwohl der Ort noch ein kleines Kaff war, mit ungeteerten Straßen, aber umso schönerem Wetter. Das meiste der restlichen 20 Prozent an Filmen entstand damals in Deutschland. Ins Kino zu gehen war das Massenvergnügen in den 10er- und 20er-Jahren.

MGM war nie das größte Studio - das war Universal -, aber es war mit Abstand das prächtigste. In seiner großen Ära, vom Ende der Stummfilmzeit 1930 bis nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Studiosystem zusammenbrach, blieb MGM das prominenteste Filmstudio, das durchschnittlich einen Film pro Woche herausbrachte. Anfang der 30er-Jahre kosteten die Filme von MGM im Schnitt 150 000 Dollar mehr als die der anderen Studios.

Louis B. Mayer führte sein Studio wie ein Patriarch, dessen Angestellte zu gehorchen hatten. Er achtete auch darauf, mit wem seine Schauspielerinnen gesehen wurden. "Wir sollten mit niemandem ausgehen, der nicht gut für unser Image war", sagte Ann Rutherford. "Nicht gut hieß, dass der Mann zu alt war, keinen guten Geschmack hatte oder ein schlechter oder unbedeutender Schauspieler war." Die weiblichen Stars wurden zu einem Markenzeichen von MGM. Regisseur George Cukor ("Die Frauen", "Die Nacht vor der Hochzeit"), dessen Spezialität Frauen waren, sagte einmal: "Louis B. Mayer wollte unbedingt, dass seine Filmköniginnen gut aussahen."

Zu den ersten Erfolgen von MGM zählten Buster Keatons "Sherlock Jr." und Erich von Stroheims realistisches Epos "Greed", ein filmisches Meisterwerk, das nie die enormen Kosten einspielte, die der Regisseur etwa für Massenszenen ausgab. Ein Jahr später machte von Stroheim alles mit "The Merry Widow" wett, in dem der Realismus-besessene Regisseur sogar darauf bestanden hatte, dass die Monogramme in die Unterwäsche seiner Darsteller richtig eingestickt wurden.

Damals hatte jedes Filmstudio ein eigenes Gesicht. Wer ins Kino ging, wusste, ob der Film von RKO, Warner, Paramount, Universal oder Columbia war. Warner war tough, denn die Brüder waren knauserig. Harry Warner war so sparsam, dass er abends durch die Studios schlich, um persönlich das Licht auszumachen. Paramount war vielseitig, elegant, das Studio der Autoren. Columbia zeigte sozialkritische Filme, die CentFox hatten hauptsächlich Kinos.

1934 arbeiteten 4000 Angestellte bei MGM, darunter 61 Stars, 17 Regisseure und 51 Drehbuchautoren. Den wohl größten Erfolg feierte MGM 1939 mit "Vom Winde verweht", der bis dahin gigantischsten Filmproduktion aller Zeiten, die mit zehn Oscars ausgezeichnet wurde. Bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg wurden bei MGM Musicals gedreht. Zu lange, denn das Publikum wollte sie nicht mehr sehen. Die sechs riesigen Studiokomplexe mit eigenen Seen, einem Fort, einer Ranch und anderem wurden kaum noch gebraucht, weil Filmemacher nun lieber in echten Kulissen, in der Stadt und auf dem Land drehten.

1950 wurden die Zeichentrickstudios geschlossen. 1957 erlebte MGM zum ersten Mal Verluste. 1959 hatte MGM noch einmal riesigen Erfolg mit "Manche mögen's heiß" und "Ben Hur". Von 1963 an wechselten die Studiobosse rasch. Der Fehler lag nicht nur darin, dass es hauptsächlich Männer waren, die aus der Werbung oder filmfremden Firmen kamen. Kinos, die Londoner Studios und vieles andere, darunter 150 000 Kostüme, wurden verkauft wie im Jahr 1970 Teile der Studios, 1980 dann der Rest nur noch ans Fernsehen vermietet. 1979 hatte MGM sich mit der Produktionsgemeinschaft United Artists zusammengetan und so die Rechte an "Rocky" und "James Bond" gesichert. MGM besaß weltweit nur noch drei Prozent Marktanteil.

Nun ist die Traditionsfirma insolvent, steht mit vier Milliarden in der Kreide. Was nun mit dem 23. James-Bond-Film passieren wird oder mit der geplanten Verfilmung des "Kleinen Hobbit", steht in den Sternen.