Seine beiden Töchter brachte er auf die Bühne, die Mutter fast ins Krankenhaus. Der Vater von Alice und Ellen Kessler war ein Machtmensch, der seine Zwillingsmädchen schon als Kleinkinder schlau vermarktete - und seine Frau schlug. Zum Schutz der Mutter kletterten die Kinder oft abends ins Ehebett, um den Vater abzuhalten.

"Unser Aneinanderklammern hatte also tiefere Wurzeln als die übliche Einheit, die jedes Zwillingspaar fühlt. Bei uns war es auch Überlebensinstinkt", sagen sie. Gemeinsam erlebten und ertrugen die heute 74 Jahre alten Zwillinge den täglichen Ballettunterricht, der sie mit 17 Jahren auf die Bühne des weltberühmten Revuetheaters Lido in Paris brachte. Gemeinsam tanzen, zusammen singen.

Seit fast sieben Jahrzehnten treten die Zwillinge zusammen auf. Wie gestern Abend, als Überraschung bei der Eröffnung des Hansa-Theaters. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist die Zweisamkeit geworden. Was sie heute verbinde? "Eine zärtliche Hassliebe vielleicht? Wir sind für den anderen der beste Freund, aber auch der größte Feind, weil wir uns gegenseitig tiefer verletzen können als jeder Außenstehende." Bis auf sechs Wochen waren sie nie voneinander getrennt. Auch nicht, als Ellen Kessler mit dem italienischen Schauspieler Umberto Orsini, Alice Kessler mit dem französischen Schlagersänger Marcel Armond zusammenlebte. Geheiratet? Haben sie niemals.