Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Manchem Beobachter, der in das unbekümmerte Lausbubengesicht von Sebastian Vettel blickt, drängt sich unwillkürlich die Frage auf: Hat der überhaupt schon einen Führerschein? Dabei schickt sich dieser 23 Jahre junge Mann an, Sportgeschichte zu schreiben. Er könnte, wenn am 14. November in Abu Dhabi die letzte Zielflagge fällt, der jüngste Formel-1-Weltmeister aller Zeiten sein.

Es wäre die Krönung einer Karriere, die dem aberwitzigen Tempo der Vollgasbranche gefolgt ist. Vettel war der jüngste Fahrer, der je einen WM-Punkt gewann (mit 19), der jüngste, der je ein Rennen anführte (mit 20), der jüngste, der je eines gewann (mit 21). Und jetzt Weltmeister?

Vettel hat es selbst in der Hand. Er muss in den letzten drei Rennen nur das tun, was er die ganze Saison hindurch getan hat: der schnellste Fahrer sein. Pannenfrei. Wenn er dreimal gewinnt, ist ihm der Titel sicher.

Die Emotion im Land der Autofahrer hält sich dennoch in Grenzen. Der Formel-1-Hype, den einst Michael Schumacher erzeugte, hat merklich an Schubkraft verloren. Die Einschaltquoten schnellten wegen Schumachers Comeback nach oben, nicht wegen Vettels WM-Chancen. Der Zweite, das erlebten schon Tennisprofi Michael Stich und jetzt Golfer Martin Kaymer, hat nicht mehr den Reiz des Neuen.

Sebastian Vettel wird es recht sein. Der hessische Abiturient, der seine Geschäfte selbst regelt, ist noch nie mit abgehobenem Stargehabe aufgefallen. Ehrgeizig ist er, gewiss, aber eine Kultfigur mag er nicht sein.

Jetzt muss er nur noch Gas geben.