Sylvia Schenk, 58, Ex-Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer, ist Vorstandsmitglied von Transparency International Deutschland.

Hamburger Abendblatt:

1. Zwei Funktionäre des Fußball-Weltverbandes Fifa waren bereit, ihre Stimme bei der Ende des Jahres anstehenden Vergabe der WM 2018 und 2022 zu verkaufen. Wie korrupt ist der Sport?

Sylvia Schenk:

Es hat spektakuläre Bestechungsfälle gegeben, wie bei der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2002 in Salt Lake City. Der Sport ist nicht korrupter als andere gesellschaftliche Bereiche oder Wirtschaftsunternehmen, aufgrund seiner ehrenamtlichen Struktur aber schlecht gegen solche Angriffe gerüstet. In vielen Organisationen fehlt die Transparenz. Dadurch fällt es schwer einzuschätzen, wie integer die Mandatsträger sind.

2. Wie kann Korruption im Sport verhindert werden?

Schenk:

Kein Geld an Einzelpersonen, alle Zuwendungen nur an die Organisation, und das alles klar dokumentiert. Transparenz ist das wichtigste Mittel, um Korruption zu verhindern. Ein Problem ist jedoch: Der Kampf gegen Korruption steht in manchen Ländern noch am Anfang, erst allmählich wächst weltweit das Bewusstsein, dagegen systematisch angehen zu müssen.

3. Wo fängt Korruption an? Als Deutschland sich um die Fußball-WM 2006 bemühte, hat Franz Beckenbauer jede Menge Freundschaftsspiele der Nationalelf und des FC Bayern München versprochen.

Schenk:

Freundschaftsspiele sind in Ordnung, auch Entwicklungshilfe im Rahmen des staatlichen Konzepts. Diese Vorgänge müssen jedoch offengelegt werden und nachvollziehbar sein.

4. Wie schädlich ist Korruption für den Sport?

Schenk:

Korruption erschüttert das Vertrauen. Das droht sich zuerst beim Sponsoring auszuwirken. Viele Unternehmen sind nicht bereit, in ein zwielichtiges Umfeld zu investieren. Der osteuropäische Fußball hat darunter in den vergangenen 20 Jahren gelitten. Oder nehmen Sie den chinesischen Fußball, der unter dem Verdacht der Spielabsprachen steht. Im Gegensatz zu anderen Sportarten in China stagniert der Fußball in seiner Leistungsentwicklung. Warum sollen die Spieler noch hart trainieren, wenn das Ergebnis ohnehin feststeht. Außerdem - welcher Bewerber macht eine gute Bewerbung, wenn doch nur das Geld entscheidet? Nachher müssen das die Athleten mit schlechten Bedingungen ausbaden.

5. Die Korruptionsfälle bei der Fifa sind durch Scheinangebote von Journalisten entstanden. Ist diese Art der Recherche akzeptabel?

Schenk:

Auch die Polizei versucht, bei Dealern Drogen zu kaufen, wenn sie mit ihren Ermittlungen nicht weiterkommt. Entscheidend ist doch, wie die Verantwortlichen im Sport sich verhalten. Jetzt auf die Medien zu schimpfen lenkt vom Problem ab.