Stefan Heine entwickelt Sudokus. Auch bei der bevorstehenden WM in den USA stellt der 41-Jährige die Knobelaufgaben.

Hamburg. Himmelblauer Pullover, randlose Brille, nachdenklicher Blick. Dieser Mann gibt Rätsel auf. Von Berufs wegen. Stefan Heine schraubt in seiner Stellinger Werkstatt Knobelaufgaben zusammen, 60 Stunden in der Woche. Der 41-Jährige zählt zu den weltweit wenigen hauptberuflichen Rätsel-Erfindern.

Selbstverständlich ist der zweifache Vater bei der fünften Sudoku-Weltmeisterschaft dabei, die Ende April in Philadelphia an der amerikanischen Ostküste ausgespielt wird. Doch der Hamburger nimmt selbst nicht als Denksportler an dem Wettbewerb teil, er ist einer der Schiedsrichter. "Eine große Ehre", sagt der gebürtige Eckernförder.

Schließlich sei er gebeten worden, einen Teil der Aufgaben für die Rate-Elite zu erfinden. Zwölf Sudokus , über denen sich einige der insgesamt 130 Mental-Athleten aus mehr als 30 Nationen die Köpfe zerbrechen dürften, hat er beigesteuert. "Für mich ist es immer wieder faszinierend, dass ich drei Tage an einer Aufgabe rumbastele, um sie möglichst schwierig zu gestalten. Und dann wird sie in wenigen Minuten gelöst."

Doch wie geht der Sudoku-Macher vor? "Ich beginne mit einem leeren Quadrat, überlege mir bei den Sudokus für Fortgeschrittene bestimmte Bedingungen und setze entsprechend Zahlen ein." Besonders zeitaufwendig sei dann aber die Überprüfung. "Ich muss gucken, dass ich nichts übersehe. Dass es am Ende wirklich nur eine logische Lösung gibt."

Für Zuschauer sei der Weltgipfel der Ratefüchse übrigens wenig spannend. "Die Teilnehmer sitzen stundenlang still auf ihren Stühlen - wie bei einer Klausur", sagt der Rätselautor. 2008 im indischen Goa habe während der WM kaum ein Denksportler den traumhaften Strand im Blick gehabt. "Alle folgen mit ihren Augen nur dem logischen Weg zur nächsten Zahl."

Der Lebensweg folgt dagegen selten der Logik. Eigentlich hatte Stefan Heine, der privat rätselmäßig am liebsten Schiffe versenkt, das Delikatessen-Versandhaus seines Vaters übernehmen sollen. Stattdessen gründete er 1995 mit einem Studienfreund ein Marktforschungsinstitut. Die Mutter seines Geschäftspartners bot Medien psychologische Kolumnen an. "Rätsel könnten die Zeitungen doch vielleicht auch gebrauchen, dachte ich mir damals", sagt Heine. Sein erstes Kreuzworträtsel habe er per Hand geschrieben. "Es ist eine Herausforderung, die Struktur hinzubekommen." Das erledigt längst der Computer, nur die rund 50 000 Wörter hat er in die Datenbank eintippen müssen.

Mehr als 300 deutschsprachige Publikationen, darunter auch das Hamburger Abendblatt, beliefert der Mann mit dem rätselhaften Beruf mittlerweile. 120 Varianten hat er im Angebot, schätzungsweise 300 Millionen Mal werden die von ihm erfundenen Knobelaufgaben jeden Monat abgedruckt. Drei fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt Stefan Heine in seiner Rätselschmiede.

Klingt wie der richtige Lösungsweg zum Erfolg. Lief denn irgendetwas mal nicht rund? "Das Eckige", sagt der Stellinger schmunzelnd.

Denn Sudokus (japanisch "Ziffer, die allein steht") hatte Stefan Heine schon 1999 als "Magisches Quadrat" im Programm. "Ein echter Flop." Erst sechs Jahre später, als die in den USA erfundene Rätselvariante über Japan als feste Rubrik in der Londoner "Times" landete, begann der Siegeszug des Sudoku. Sofort reiste Heine nach Großbritannien. "Ich bin in ein Frühstücklokal rein, in dem wirklich jeder, vom Gast bis zur Kellnerin, über einem Sudoku brütete. Unglaublich."

In den folgenden Wochen sei auch in Deutschland das Rätselfieber ausgebrochen. "Der Antrieb ist immer, etwas Unvollendetes zu vervollständigen", so der Erfinder. "Kreuzworträtsel haben mit Wissen zu tun, Sudokus allein mit Logik." In seinem Büro in Stellingen, über dem er mit Ehefrau Nina und den Kindern wohnt, türmen sich mehr als 300 Denksport-Bücher, viele davon hat er selbst herausgegeben. Sie tragen Titel wie "Sudoku Hardcore" oder "Killer-Sudoku".

Letzteres sei übrigens der nächste Trend, glaubt Stefan Heine. "Bei dieser fortgeschrittenen Version des Sudoku sind nur die Summen, die die Zahlen in zwei bis neun Kästchen ergeben müssen, vorgegeben."

In wenigen Tagen bricht er in die USA auf, dort wird er logischerweise von seiner Heimat an der Elbe erzählen. In Rätseln. "Was ist rund und hinten und fließt durch Hamburg?", fragt er. Antwort: "Bille! Ein Fluss und die Bezeichnung der Schiffsheckrundung."