Juan Señor, 42, Innovation Mediaconsulting, macht Zeitungen in aller Welt zukunftsfähig.

1. Hamburger Abendblatt:

Wenn die Zeitungen auf der Welt Patienten wären - wie würden Sie ihren Gesundheitszustand beschreiben?

Juan Señor:

Sie befinden sich in einem kritischen, aber stabilen Zustand und benötigen dringend ein innovatives Antibiotikum, um sich selber neu erfinden zu können.

2. Welchen Einfluss werden künftig sogenannte Tablet Computer wie das iPad auf das Zeitunglesen haben?

Señor:

Sie bedeuten Wandel; aber sie stellen dabei eine neue Grammatik und ein neues Medium dar. Man kann nicht einfach alten Wein in neue Schläuche füllen. Die Inhalte müssen für diese Plattform völlig neu erfunden werden. Keine PDFs bitte! Keine "Schaufelware", wobei wir einfach auf die Website klicken. Das iPad muss behandelt werden wie ein neues Medium. Experimentiert mit Nachrichten, die man lesen, sehen und anfassen kann!

3. Werden gedruckte Zeitungen innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einer bedrohten Art werden?

Señor:

Es wird wie in der Modeindustrie sein: Zeitungen auf Papier werden zur Haute Couture, während das Digitale Prêt-à-porter darstellen wird. Zeitungen müssen als Qualitätsblätter neu erfunden werden, die über die reine Nachrichten hinausgehen und erklären, warum sich Dinge ereignen und was sie für die Leser bedeuten. Sie dürfen nicht nur ein Nachrichtenprotokoll des vergangenen Tages sein.

4. Wie muss sich der Journalismus verändern, um zukunftsfähig zu bleiben?

Señor:

Er muss Analyse, exklusive Informationen und Meinung verkaufen. Journalisten müssen daher zu JournAnalysten werden. Und die Chefredakteure müssen den "blog fog" - den Blog-Nebel - auflösen und den Lesern die Welt erklären - indem sie auswählen, was für das Leben der Leser eine Bedeutung hat.

5. Was ist das beste Rezept, um das Zeitunglesen auch für junge Leute interessant zu machen?

Señor:

Schreibt über Dinge, die ihnen wichtig sind - Videospiele, Musikkultur, wie man im Leben vorankommt usw., aber schafft dafür keine Getto-Ecken im Blatt. Packt lieber die ganze Zeitung voller Jugend - anstatt Jugend-Ecken darin einzurichten. Hebt die Jugendlichen auf das Niveau der Zeitung hinauf - anstatt zu ihnen hinunterzusprechen. Geht hinaus und erfahrt Geschichten. Das kann man nicht von einem Schreibtisch aus via Facebook oder Twitter machen. Trefft junge Leute und erzählt dann ihre Geschichten!