Günter Berg, 50, ist Geschäftsführer des Verlags Hoffmann und Campe, Hamburg.

Hamburger Abendblatt:

1. Der mvg Verlag veröffentlicht gerade das Buch "Auge um Auge". In der Biografie schildert Ameneh Bahrami ihre Lebens- und Leidensgeschichte. Ein zurückgewiesener Liebhaber zerstörte mit Säure ihr Augenlicht. Jetzt wurde ihr das Recht zuerkannt, ihrem Peiniger ebenfalls mit Säure das Augenlicht zu nehmen. Welche ideologischen Grenzen würden Sie mit einem Buch nicht überschreiten?

Günter Berg:

Jeder Verlag muss entscheiden, wie weit das erlittene Schicksal von Menschen entlastend wirken könnte auf die Leser. Bücher über Gewalt, Krankheiten etc. können einiges "leisten". Allerdings ist die Grenze zum Voyeurismus rasch überschritten. Wir sind da eher vorsichtig und überlegen einmal mehr.

2. Braucht die Branche die Frankfurter Buchmesse, um Bücher zu verkaufen, oder ist es eher ein Event?

Günter Berg:

"Publishing is people's business!", sagen die Amerikaner gerne. Und weil es in dieser verhältnismäßig kleinen Branche sehr auf persönliche Kontakte ankommt, ist die Frankfurter Buchmesse immer noch "das" Ereignis des Jahres für Verleger und Agenten aus der ganzen Welt.

3. Wie kann sich ein Verlag mit seinem Profil von anderen Verlagen absetzen?

Berg:

Verlagsnamen, Verlagsprofile etc. wirken eher "nach innen", das heißt, ein klares Profil ist wichtig, um den Verlag für Autoren, Agenten, auch den Buchhandel kenntlich zu machen. Leserinnen und Leser entscheiden sich eher selten für ein Buch wegen des Verlagsnamens. Hier zählen die einzelnen Titel. Und das ist gut so. Mal legt ein Verlag seinen Schwerpunkt auf die Literatur, mal auf Sachbücher. Das hat bei einem Autorenverlag wie Hoffmann und Campe immer etwas damit zu tun, woran die Autoren arbeiten oder wer gerade fertig wird mit einem Manuskript.

4. Wie definieren sich die inhaltlichen Grenzen eines Verlagsprogramms?

Berg:

Die Grenzen sind überschritten, wenn Menschen durch ein Buch nicht mehr herausgefordert, sondern beleidigt, herabgesetzt und diskreditiert werden. Provokation zur Auseinandersetzung: ja, immer. Schüren dumpfer Ängste: nein!

5. Jeder Verlag würde gerne Bestseller herausgeben. Wie findet man solche Bücher?

Berg:

Nicht jedes noch so gute Buch wird in jedem Verlag auch zu einem Bestseller! Aber wenn das Verlagsteam ein Buch mag, den Autor trägt (und umgekehrt!), dann hat ein gutes Buch Chancen, herauszuragen aus der Masse. Es gehört aber auch sehr viel Glück dazu.