Fußballfans sind mit Adrenalin vollgepumpt und kaum zu stoppen

Hamburg. Sie sollen verfeindete Fans auseinanderhalten und geraten selbst oft unvermittelt in den Fokus von Krawallmachern, Randalierern und Hooligans: Fast immer sind mehrere Hundert Polizeibeamte eingesetzt, wenn Profi-Fußballmannschaften gegeneinander spielen. Bei sogenannten "Risiko-Spielen" wie dem Derby zwischen St. Pauli und dem HSV waren es mehr als 1000. Wie es ist, immer wieder Menschen gegenüberzustehen, die ihre Aggression im Umfeld von Stadien ausleben, beschreibt ein Hamburger Bereitschaftspolizist im Abendblatt.

"Zum Teil ist es wirklich erstaunlich, wie wenig die Leute noch merken", sagt der Polizist. "Wenn sie so richtig mit Adrenalin vollgepumpt sind, dann kann sie auch kein Pfefferspray mehr aufhalten. Erst wenn sie ein bisschen zur Ruhe kommen, merken sie, dass da wohl etwas gewesen sein muss."

Natürlich sei das Szenario jedes Mal aufs Neue absurd, so der erfahrene Beamte. "Da werden einfach Vorurteile ausgelebt. Polizisten gelten bei den Hooligans als die Bösen, weil sie sie angeblich zu reglementieren versuchten und sie, die sie ja angeblich nur Fußball gucken wollten, schikanierten. Die gegnerischen Fans gilt es ohnehin zu bekämpfen, ohne darüber ernsthaft nachzudenken." Der Polizist: "Es ist manchmal ganz erstaunlich. Wenn man mit den Leuten, die da prügeln und treten, mal allein spricht, ist alles in Ordnung. Aber in der Gruppe spielen sie ihre Rolle." Er habe schon beobachtet, so der Beamte, dass Anhänger verfeindeter Klubs nach der verabredeten Prügelei miteinander Bier getrunken haben. "Da war dann alles geklärt."

Es sei da wie bei Sportlern, sagt der Beamte. Vor dem Wettkampf wird kein Alkohol getrunken. Zunehmend beobachte er aber, dass Beteiligte wie auf Kokain oder anderen Aufputschmitteln agieren. Immer wieder würden auch schmerzhemmende Mittel bei prügelnden Fans sichergestellt. "Das sind einige der Hilfsmittel", sagt der Polizist. "Gerne genommen werden auch Handschuhe, die mit Quarzsand gefüllt sind, damit Schläge eine größere Wucht entfalten. Um langwierige Verletzungen zu vermeiden, greifen diese angeblichen Fußballfans oft zum Mundschutz."

Während des Stadtderbys zwischen St. Pauli und dem HSV sei es unter anderem auf dem Paulinenplatz zu hässlichen Szenen gekommen, sagt der Polizist. Mehrere Personen lagen ohnmächtig auf dem Boden, die anderen prügelten sich einfach weiter.

Wie auch bei anderen Anlässen beobachtet der Polizist im Zusammenhang mit Fußballkrawallen, dass die Hemmschwelle immer weiter sinkt: "Früher wurde von dem Unterlegenen abgelassen, wenn er am Boden lag. Heute wird oft noch nachgetreten oder -geschlagen." Man müsse irgendwie versuchen, die verhärteten Fronten aufzuweichen", sagt der Polizeibeamte. "Aber das wird ganz schwer. Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, wie das wirksam hinzubekommen wäre."