Grüne Hoffnungen und gelber Frust - wie die Spekulation um den Rücktritt des FDP-Chefs die politische Fantasie anheizt.

Jetzt, da wieder jedes Meinungsforschungsinstitut seine Zahlen auf den Tisch gelegt hat, jetzt kann ich mir vorstellen, was im Kopf von Jürgen Trittin und Renate Künast und sogar im Hirn des wild um sich stampfenden Sigmar Gabriel vorgeht. Sie alle sagen sich mit Hoffnung und fast schon mit Genugtuung wie Wellington vor Waterloo: "Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen wären da!" Das sagen sie nicht ganz so, sondern etwa so, besonders Trittin, der auch die Chance hat, vom Kellner zum Koch zu werden: "Ich wollte, es wäre März und Westerwelle wäre noch da! An der Spitze der FDP! Dann wäre alles für uns gelaufen!"

In Gedanken schickt Trittin Westerwelle ein Telegramm oder eine SMS: "Halt durch! Bleib stark! Dann ist der Sieg unser!" Den letzten Satz denkt er sich nur klammheimlich, wobei sein Gesicht wie das eines Katers aussieht, der sich das Maul leckt, weil ein Heringskopf mit abgefressenen Gräten auf seinem Teller liegt: Westerwelle.

Bei fünf Prozent im Keller angeschmiedet und keine Hoffnung auf Besserung, während die FDP oben stoßbetet, er möge doch - und sei es durch ein Erdbeben - einfach verschwinden! Bitte schnell! Bitte gleich! Wir werden unsere Schuhsohlen mit seiner Niederlage vergolden!

Neulich, da wäre er fast zurückgetreten, hatte seine Zweifel gestanden, ob er noch ... Und in der Partei kam eine irrwitzige Hoffnung auf, aber dann, alles vorbei, sagte er: "Ich bleibe!" Und auf den Gesichtern von Brüderle und Rösler und Lindner erlosch die Hoffnung, die eben aufgeblitzt war, weil sie alle, zu Recht, geglaubt hatten, ohne Westerwelle den Karren noch aus dem Dreck ziehen zu können. Bis März, ohne Westerwelle, da eilte der schon zu weiteren spätrömischen Verhältnissen und setzte wieder zu jedem Vorgang irgendein überflüssiges Statement mit musterschülerhafter Präpotenz in die Welt! Klingt nicht auch das Richtige, wenn er es sagt, falsch?

Mein Gott, denke ich, und dann denke ich, das ist ungerecht, dass ich das denke: Aber hätte ihn Merkel nicht besser doch nicht allein bei der Uno-Versammlung lassen dürfen? Ja, ich schäme und fremdschäme mich, dass ich so denke. Aber ich weiß, Westerwelle hat verschissen bis in die Steinzeit. Und wer wünscht sich die schon zurück. Die und das hat Merkel nicht verdient und nicht Brüderle und Lindner nicht, und ich fürchte, dass es so läuft im März und wir mit Westerwelle alle auf Grund gehen. Auf Grundeis. Mit demselben, ja!