Zwei Hamburgerinnen erleichtern das Wickeln. Sie entwickelten die erste Wickel-Kommode, von der Babys nicht mehr herunterfallen können.

Hamburg. Die Idee ist simpel. So simpel, dass es fast unglaublich ist, warum noch kein anderer darauf gekommen ist. Was sich die Hamburgerinnen Julia Lambrecht-Hoven, 38, und Katrin Plambeck, 42, ausgedacht haben, kann nicht nur Babys vor schweren gesundheitlichen Schäden bewahren, sondern erleichtert Eltern die Versorgung ihrer Kinder immens. Völlig unkompliziert und mit nur wenigen Handgriffen.

Rund 337.500 Säuglinge pro Jahr fallen von der Wickelkommode

Die beiden Mütter von insgesamt sieben Kindern haben die weltweit erste absturzsichere Wickelkommode erfunden. Hochziehbare Seitenteile sichern die Liegefläche rundherum ab und sorgen so dafür, dass auch die bewegungsfreudigsten Säuglinge nicht herunterfallen können. "Diese Gefahr ist beim Wickeln immer da", sagt Katrin Plambeck, "es genügen ein paar Sekunden Unaufmerksamkeit, wenn das Telefon klingelt oder das Geschwisterkind etwas braucht." Die dreifache Mutter spricht aus Erfahrung. Eines ihrer Zwillingskinder fiel von einem Wickeltisch, blieb zum Glück weitestgehend unverletzt. Auch Kilian, der jüngste Sohn von Julia Lambrecht-Hoven, konnte nie still auf der Kommode liegen bleiben. Zwar sind auch herkömmliche Modelle an drei Seiten abgesichert - die Gefahr vor Stürzen allerdings bleibt. "Die Ränder sind viel zu niedrig. Und nach vorn gibt es überhaupt keinen Schutz", so Lambrecht-Hoven.

Der heute vierjährige Kilian war schließlich auch der Auslöser für die beiden Freundinnen, etwas an der Situation zu ändern. Im Baumarkt besorgten sie Bretter und Werkzeug und machten sich an die Arbeit. Das war 2006. "Fast ein Jahr lang haben wir gebastelt. Dann sind wir mit unserem Prototypen zur Handwerkskammer gegangen", erzählt Plambeck. Dort riet man den Frauen, umgehend ein Patent anzumelden. Nicht zuletzt durch diesen Zuspruch wurde ihnen klar: Der absturzsichere Wickeltisch ist eine richtige Geschäftsidee. "Viele Eltern haben das gleiche Problem wie wir", sind Plambeck und Lambrecht-Hoven überzeugt. Das wissen sie nicht nur aus ihrem Freundeskreis, sondern auch von Statistiken, die zum Teil ein erschreckendes Bild liefern: Allein in Deutschland stürzen jedes Jahr rund 337 500 Säuglinge von der Wickelkommode. Die Verletzungen können dabei bis zu Gehirnerschütterungen oder Schädelbrüchen reichen oder Haltungsschäden verursachen. "Und die können sogar bis ins Erwachsenenalter hineinwirken", sagt Lambrecht-Hoven, die gelernte Krankenschwester ist.

Das Wirtschaftsministerium unterstützte die Geschäftsidee

2008 fassten die beiden Frauen den Entschluss, ihre Wickelkommode professionell produzieren zu lassen und sie im Handel anzubieten. Dafür gründeten sie das Label Juka-9, unter dem sie mittlerweile auch schon andere Kinderartikel entworfen haben. Bei ihrer Geschäftsidee wurden sie auch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unterstützt. Bei der Fachmesse "Kind + Jugend", die vor einer Woche in Köln stattfand, wurden Julia Lambrecht-Hoven und Katrin Plambeck außerdem mit dem "Innovation Award" ausgezeichnet.

Seit September ist die Wickelkommode bei Juka-9 für 690 Euro pro Stück erhältlich. "Das liegt zwar etwas über dem normalen Preis für Wickeltische, dafür kann man die Kommode aber auch noch nach der Wickelzeit als Möbelstück nutzen", sagt Plambeck. Auch andere Hersteller können jetzt die Lizenzen für den Nachbau bei Juka-9 erwerben.

"Einige große Möbelhäuser haben schon Interesse gezeigt", erzählt Plambeck. Die beiden Mütter wollen künftig noch weitere Produkte entwickeln. Neu ist zum Beispiel der Superlatz, der das Kind von Kopf bis Fuß vor Flecken schützt. Die Freundinnen sind sich sicher: "Es gibt so viele Ideen, wie man den Alltag von Eltern erleichtern kann. Man muss sie nur umsetzen."