Mit dem Vorsatz, endlich Geschlossenheit zu zeigen, sind die Spitzen der schwarz-gelben Koalition aus der Sommerpause gekommen. So wollen sie vor den nächsten Landtagswahlen den Eindruck verwischen, Union und FDP seien zu gemeinsamer Politik nicht fähig. Wenn Geschlossenheit jedoch zum Selbstzweck verkommt, wird es brenzlig für die Regierung. Das zeigt die Atompolitik.

Schwarz-Gelb will die angestrebte Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke ohne Beteiligung des Bundesrats durchsetzen, weil in der Länderkammer keine Mehrheit zu erwarten ist. Koalitionspolitiker, die Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Alleingangs erheben, werden als Abweichler betrachtet, die der Opposition in die Hände spielen. Die Skeptiker haben allerdings Verfassungsrechtler wie Hans-Jürgen Papier an ihrer Seite. Der einstige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, der im Übrigen der CSU angehört, argumentiert, eine Verlängerung der Laufzeiten sei in jedem Fall eine "nicht nur marginale, sondern wesentliche" Änderung des Atomrechts - und damit müsse der Bundesrat zustimmen.

Bundestagspräsident Lammert ist der erste Prominente aus den Reihen der Kanzlerin, der sich öffentlich von dem Kabinettsbeschluss distanziert. Umweltminister Röttgen äußert seine Zweifel bisher nur intern. Über die Laufzeitverlängerung wird am Ende das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden haben. Angela Merkel wäre gut beraten, auf abweichende Stimmen zu hören. Sie könnten die Koalition vor einer wahlentscheidenden Blamage bewahren.