Eine Glosse von Axel Tiedemann

Eine neue schöne Shoppingmeile sei dort entstanden, jubilieren Kolleginnen über die Straße Hohe Bleichen. Und dann reden sie von Armani, von Gucci oder Hutchi. Edelsachen eben. Man wisse schon.

Mann weiß aber gar nichts. Vor allem nicht, wenn man eher Kunde von Männer-Boutiquen ist: Max Bahr, Hornbach oder Bauhaus. Eckige Sachen eben. Dort kann man sich aufhalten, dort kann man ausgiebig shoppen und stundenlang zwischen M4 und M6 schwelgen.

Nicht edel, aber Edelstahl.

Doch wie kann Shopping in einer solchen Straße Genuss sein? Grauenvoll die Vorstellung, sich dort in weiblicher Begleitung von Laden zu Laden schleppen müssen. Irgendwann sind die Beine müde, ist der Blick träge. "Ja, Schatz, die Jacke ist schön grau, äh blau, nein, ich meine rot natürlich." Warum gibt es eigentlich in Kaufhäusern Kinderbetreuung, aber keine Männerbetreuung? "Der große Karl-Heinz möchte abgeholt werden!!!"

Noch schrecklicher die Idee, völlig auf sich allein gestellt einen solchen Geschäftedschungel durchqueren zu müssen, um sich mit Klamotten einzudecken. Das fängt bei der Armanisierung an: Man findet in solchen Läden ja keine Hosen-, Jacken- oder Hemden-Abteilungen mehr. Kein Hinweis zu sehen, wenn man den Blick schweifen lässt. Stattdessen nur Gucci und Hutchi auf den Schildern. Wenn es wenigstens noch Wrangler wäre - da kannte man sich einmal aus.

Doch dieses Wandeln durch unbekanntes Terrain macht nervös, das macht aggressiv. Das Einkaufsverhalten wird noch mehr zum Beuteverhalten. Wie im kurzen Gefecht. Rein in den Laden und wieder raus. Das muss bestenfalls in Minuten geschehen. Bloß nicht in eine Umkleidekabine, bloß nicht irgendwas anprobieren. Klamottenkauf muss als Attacke angelegt sein. Auch wenn es hinterher zu Hause viele Fragen gibt. Zu groß, zu klein oder angeblich zu bunt das neue Hemd? Egal, dafür ging es schnell.

Nein, Shopping kann kein Vergnügen sein. Das ist purer Kampf. Eine Einkaufsstraße mehr ist da nur ein Feind mehr.