Wer hätte das vor zehn Jahren für möglich gehalten. Deutschland hat sich nach einer aktuellen Studie des Weltwirtschaftsforums zum wettbewerbsfähigsten Land in der Eurozone entwickelt, liegt weltweit immerhin auf Platz fünf.

Die Ökonomen loben vor allem die Innovationskraft deutscher Unternehmen. Hier belegen die Erben von Gottlieb Daimler und Werner von Siemens sogar den globalen Spitzenplatz. Von wegen "made in Germany" hat keinen Klang, keine Bedeutung mehr in der Welt. Produkte aus den hiesigen Hightech-Schmieden stehen auch heute noch für beste Qualität. Und dennoch verschenkt Deutschland ungeheure Potenziale, schaut man auf die vielen offenen Stellen für Hochqualifizierte. Aber nicht nur mit guten Ideen wurde der Top-Platz im weltweiten Wettbewerbsranking erreicht.

Viele Millionen Menschen mussten hierzulande harte Einschnitte bei ihren Einkommen hinnehmen. Blickt man auf die vergangenen zehn Jahre ist Deutschland Schlusslicht bei Lohnsteigerungen in der EU. Und seit 2004 sinken hierzulande sogar die realen Nettoeinkommen. Im Klartext: Die Deutschen haben im Schnitt - nach Abzug von Preissteigerungen - weniger Geld im Portemonnaie. Zugleich werden die Anforderungen an die Flexibilität der Beschäftigten immer größer. Die hohe Zahl von Leiharbeitern und die vielen befristeten Arbeitsverträge belegen dies. Der Preis für mehr Wettbewerbsfähigkeit ist hoch, doch gibt es eine Alternative?

So bitter es klingen mag: Einfache Produktionstätigkeiten haben in Deutschland keine Zukunft. Sie werden langfristig wegrationalisiert oder ins Ausland verlagert. Große Lohnsprünge sollte hier niemand mehr erwarten. Und auch Kassiererinnen im Supermarkt oder Reinigungskräfte dürfen sich keiner Illusion hingeben. Je einfacher ein Beschäftigter zu ersetzen ist, desto schwieriger ist seine Position in Verhandlungen über höhere Einkommen.

Allerdings haben Unternehmen es mit der Lohndrückerei auch übertrieben. Nicht nur, dass sie für einfachste Tätigkeiten unanständig wenig bezahlen. Mit der immer gleichen Begründung des Kostendrucks werden jedes Jahr Zigtausend Hochqualifizierte aus Deutschland vertrieben - Ärzte, Ingenieure, Facharbeiter. Sie haben keine Lust mehr, für international vergleichsweise wenig Geld hart und lange zu arbeiten. Doch genau diese Spezialisten braucht das Land, will es seine gute Wettbewerbsposition verteidigen.