Hermann Lindhorst, 36, ist Anwalt für Sport- und Sportsponsoringrecht bei der Hamburger Wirtschaftskanzlei Schlarmann von Geyso.

Hamburger Abendblatt

1. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Sportwettenmonopol wird vom Profi-Sport und den privaten Wettanbietern begeistert aufgenommen. Ihre Meinung dazu?

Hermann Lindhorst:

Ich finde es gut, dass die deutsche Politik nun endlich gezwungen wird, das staatliche Monopol für Sportwetten zu kippen. Man kann nicht Millionen für Werbung beim staatlichen Wettanbieter Oddset ausgeben und zugleich private Anbieter vom Markt verdrängen, alles unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Spielsucht. Deutschland ist damit beim "Scheinheiligkeitstest" durchgefallen, wie es der EuGH ausdrückt.

2. Die Gesetzgebung ist auch bei der Pendlerpauschale, beim Lauschangriff oder der Vorratsdatenspeicherung stark in der Kritik. Segnen die Politiker heute nur noch Pfusch-Gesetze ab?

Lindhorst:

Beim Glücksspielstaatsvertrag würde ich das bejahen. Die Länder haben das Gesetz trotz Einwänden von Gerichten und Rechtsprofessoren durchgepeitscht, ohne Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben. Es gilt aber auch: Die Welt wird komplexer. Dadurch gibt es mehr Bereiche, in denen der Gesetzgeber überfordert ist.

3. War es nicht ohnehin schwer nachvollziehbar, warum in Deutschland das Glücksspiel so eingeschränkt ist im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn?

Lindhorst:

Dies ist in der Tat juristisch nicht zu begründen, sondern eher kulturell. Den Deutschen ist das Bier heilig, jeder darf Bier trinken und es darf dafür auch Werbung gemacht werden. In Großbritannien dagegen gehört das Wetten zur Kultur. Dort wird damit viel großzügiger umgegangen. Das heißt, dass wir hier bei einem Spiel der Fußballnationalelf Bierwerbung sehen, aber nicht im Internet auf unseren Lieblingsverein wetten dürfen.

4. Hat der Staat mit dem Glücksspielgesetz auch finanziell ein Eigentor geschossen?

Lindhorst:

Auf jeden Fall. Oddset hat durch die privaten Sportwettenanbietern wie bwin oder bet-at-home enorme Einnahmeverluste erlitten und musste ja auch aus diesem Grund Werbung betreiben. Die privaten Anbieter bieten den Kunden außerdem bessere Quoten. So gehen dem Fiskus Millionen an Steuern verloren, weil die hier verbotenen Anbieter aus dem Ausland agieren und in Deutschland keine Steuern abführen.

5. Hat neben sinkenden Steuer- und Lottoeinnahmen und den abgewanderten Unternehmen auch der Sport bisher gelitten?

Lindhorst:

Ja. Der Profisport hatte weniger Unterstützung, aber auch die Sportveranstalter. Mit der Liberalisierung wird auch das Tennisturnier am Rothenbaum wieder leichter Sponsoren finden können.