Eine Glosse von Philip Volkmann-Schluck

Hamburg hat einen neuen Standortvorteil, und zwar mal einen richtigen. Nicht eine dieser Plattitüden, die Freunde des Stadt-Marketings stur wiederkäuen, die "Grüne Metropole am Wasser" etwa oder das "Venedig des Nordens". Diesmal geht es um exzellente Bedingungen für einen Forschungszweig, der momentan doch recht zukunftsfähig erscheint.

Wie bei allen guten Aufgaben klingt das Problem einfach: Was können Politiker noch durchsetzen, ohne dass ein Heer engagierter Bürger das Vorhaben per Volksentscheid kassiert? Wenn das nicht zur Feldforschung einlädt, ist Wissenschaftlern auch nicht mehr zu helfen. Der Präsident der Universität, Dieter Lenzen, regt nun an, dieses Feld wissenschaftlich zu beackern. Das Schlagwort ist "Nachhaltigkeit" - denn Projekte wie die Schulreform, die einen demokratischen Tod sterben, kosten einen Haufen Geld.

Doch Vorsicht! Hamburgs ärgster Konkurrent lauert in der baden-württembergischen Provinz, in Stuttgart. Mit dem bürgerlichen Widerstand gegen das Mammut-Bauprojekt Stuttgart 21 wächst auch dort eine ergiebige Forschungslandschaft heran.

Alexander von Humboldt ist in ferne Länder gereist, um Proben zu sammeln. In Hamburg können Wissenschaftler einfach mit dem Rad in die Elbvororte oder an den Isebekkanal fahren. Dort ist das Angebot ähnlich reichhaltig wie an den Ufern des Amazonas, es lauert gar eine kürzlich noch unbekannte Spezies: das aufmüpfige Establishment (nicht mal einen lateinischen Namen gibt es bisher dafür). Das ist, wenn man es sich genau überlegt, ähnlich faszinierend wie fliegende Fische.

Neben Entdeckergeist will die Wissenschaft aber Lösungen finden, die man in Sachbüchern nachlesen kann. Wie stumme Bürger doch noch an die Wahlurne gehen, zum Beispiel, oder wie frühzeitig die Stimmung sozialer Milieus zu messen wäre. Das wäre auch für viele Spitzenpolitiker eine spannende Reise: zum Wähler, dem unbekannten Wesen.