Eine Glosse von Matthias Iken

Journalisten gelten ja weitläufig als griesgrämige Menschen. Wenn es etwas zu mosern, maulen oder zu mäkeln gibt, sind sie in ihrem Element; aber das Gute, Wahre und Schöne bleibt ihnen stets verborgen. Also wollten wir, frisch aus dem Urlaub zurück, andere Wege einschlagen und neue Ziele ansteuern. Und wie geht das in Hamburg leichter als mit den roten Stadträdern, die längst an jeder Metropolenecke Radelgenuss ohne Reue und Kosten versprechen? Selbst für Begriffsstutzige ist das Entleihen ohne universitären Abschluss, überbordende Informatikkenntnisse oder Schwerintellektuellenausweis möglich, und die Räder sind wirklich ohne Fehl und Tadel. Also eine rundum runde Sache?

Schön wär's. Denn Stadtrad hat die Rechnung offenbar ohne die Stadt gemacht. Fast mag man argwöhnen, die roten Velos passten zur Hansestadt wie Kühlschränke nach Grönland oder Understatement nach Düsseldorf. Denn den Rädern fehlen die dazugehörigen Wege. Unsere kleine Route führte von Ottensen über Altona und St. Pauli in die Neustadt. Während die zunächst noch vorhandenen Fahrradwege kurzerhand zugeparkt oder zu Veranstaltungsflächen zweckentfremdet worden waren, schnurrten die Velorouten im weiteren Verlauf auf die Größe von Handtüchern zusammen, um sich schließlich auf der Reeperbahn in Wohlgefallen aufzulösen - zum Missfallen der Verkehrsteilnehmer, die kaum heile über die geile Meile radeln können. Den krönenden Abschluss machten Ampelphasen, die offenbar von Fahrradhassern minutiös auf rote Welle geschaltet wurden. Mein guter Rat zum Stadtrad: Neue Wege wagen.