Ein Kommentar von Kai Schiller

Eines muss man Joachim Löw lassen: Der Bundestrainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist ein formidabler Vermittler. Schon seit Wochen wartet scheinbar die ganze Nation gebannt auf seine Entscheidung, ob Michael Ballack oder Philipp Lahm Kapitän des DFB-Teams bleiben darf. Und Löw? Der entscheidet sich kurzerhand für beide. Statt Ballack oder Lahm heißt es zunächst mal Ballack und Lahm - zumindest so lange, bis klar ist, wann Ballack wieder fit ist. Ballack bleibt offiziell der König, Lahm sein Kronprinz. So verliert für den Moment keiner der Beteiligten sein Gesicht, und Fußball-Deutschland kann endlich wieder über Fußball diskutieren. König Salomon hätte es nicht besser entscheiden können.

Zu diesem Ergebnis kann man im Anschluss an die Vorstellung der löwschen Zukunftsplanungen gestern in Frankfurt zweifelsohne kommen. Allerdings gibt es wie immer im Leben auch diesmal eine zweite Seite der Medaille. Denn nachdem die erste Euphorie über den vermeintlich salomonischen Coup verflogen ist, muss sich auch Löw eingestehen, dass durch seine Neigung, Entscheidungen auszusitzen, am Ende des Tages niemandem geholfen ist. Lahm ist zwar Kapitän, aber kein richtiger. Und Ballack darf zwar Kapitän bleiben, aber nur dann, wenn er auch spielt. Damit ist Ballack vorerst ein König ohne Königreich, Lahm dagegen ein Herrscher ohne Königstitel. Und die K-Frage, die eigentlich gestern endgültig beantwortet werden sollte, wird mit Sicherheit bei den nächsten Länderspielen im Oktober wieder gestellt werden. Spätestens dann könnte es heißen: Der König ist tot, es lebe der König.