Gewerkschaften und Arbeitgeber laufen sich schon mal warm für die nächsten großen Tarifkonflikte. Die einen gehen mit völlig überzogenen Lohnforderungen an den Start, die anderen verlangen zwei Wochen weniger Urlaub und warnen vor den apokalyptischen Folgen geringster Tarifsteigerungen. Der Verteilungskampf zu Beginn eines fragilen Aufschwungs hat begonnen. Verbale Säbel rasseln, es wird dampfgeplaudert.

Dabei ist es eine durchaus spannende und berechtigte Frage, wie viel Lohnplus die deutsche Ökonomie derzeit vertragen kann. Fakt ist: Seit 2004 sind die realen Nettoeinkommen der Beschäftigten in Deutschland gesunken. Die Inflation hat magere Lohnsteigerungen folglich mehr als aufgefressen. Fakt ist aber auch: Die Zahl der Arbeitslosen ist trotz Wirtschaftskrise nicht auf neue Rekordwerte gestiegen, sie ist sogar gesunken. Dazu haben auch die Beschäftigten mit ihrer Lohnzurückhaltung beigetragen. Dennoch darf es keinen Dauerverzicht der Arbeitnehmer geben.

Deutschland sollte sich langfristig nicht allzu einseitig auf seine Exportstärke verlassen. Für einen nachhaltigen Aufschwung muss auch die Konsumlust der eigenen Bürger geweckt werden. Lohnerhöhungen, die sich an der Produktivitätsrate orientieren, ergänzt durch Erfolgsbeteiligungen, geben die richtige Richtung vor. Sie sorgen für mehr Geld im Portemonnaie der Beschäftigten, ohne die Unternehmen wirtschaftlich zu überfordern. Sollte dann noch die Inflationsrate - wie derzeit von vielen Experten prognostiziert - niedrig bleiben, könnten sich die Arbeitnehmer endlich mal wieder über ein reales Plus freuen.