Eine Glosse von Elisabeth Jessen

Endlich! Endlich hat das normale Leben wieder angefangen. Seit gestern klingeln wieder in allen Zimmern die Wecker um halb sieben, nicht nur im Elternschlafzimmer. Man muss nicht mehr morgens durchs Haus schleichen, weil die Kinder bis in die Puppen schlafen. Und man kann mit dem Frühstücksgeschirr klappern, weil alle früh wach sind und keiner genervt aus dem Kinderzimmer ruft, man hätte ihn aufgeweckt. Vorbei der Schlendrian, der mit sich brachte, dass die Kinder sich erst am späten Vormittag aus den Pyjamas schälten.

Der Alltag hat wieder angefangen. Und trotzdem fühlt sich der Schulbeginn ein bisschen an wie zurückgehen auf Los. Die Krümel des vergangenen Schuljahres sind aus dem Ranzen gesaugt, die Schulhefte sind neu - ohne Eselsohren und Tintenflecke, die neuen Buntstifte sind ordentlich angespitzt. Jeder neue Lehrer ist eine neue Chance. Die wissen wenigstens nicht, was die Kinder im letzten Jahr ausgefressen haben.

So ein Reset wäre auch im Berufsleben schön. Leerer Schreibtisch, einfach von vorn anfangen. Das wär's! Aber auch mit dem vollen Büroschreibtisch lässt sich besser leben, weil jetzt auch die Kinder wieder verlässlich beschäftigt sind. Die Aufgabenverteilung ist klar: Die Kinder gehen in die Schule, die Eltern zur Arbeit. Es geht wieder gerecht zu.

Das sehen die Kinder übrigens anders. Ihre Begeisterung über den Schulbeginn hält sich in Grenzen. Gejammer wie "keine Lust" oder "da gehe ich nie wieder hin" kann man aber getrost ignorieren. Schließlich sind in sechs Wochen schon wieder Schulferien. Wie ungerecht.